Beschreibung
1900 unternimmt Rainer Maria Rilke seine zweite Reise nach Russland und in die Ukraine. In Kyïv begegnet er dem ukrainischen volkstümlichen blinden Sänger, Kobzar. Ausführlicher befasst er sich mit der Gestalt des blinden Sängers während der Vorbereitungslektüre vor der Reise. Nach der Rückkehr aus Russland entsteht eine Fülle von Poesien mit dem zentralen Motiv der Blindheit sowie dichterische Auseinandersetzungen mit dem Erblinden, dem Augenschließen, der Nacht. Die Studie will einen Beitrag zum Verständnis Rilkescher Sinnespoetik leisten, und widmet sich im Zuge dessen der ‚Rückseite’ der sinnlichen Wahrnehmung: allerlei ‚blinden Flecken’ und Aporien wie der Blindheit, der Taubheit, der Stille und dem Schweigen, den Liegenden und Lahmen sowie den Phantasmen und Unzulänglichkeiten des Geruchs und Geschmacks. Als unbewohnte Abgründe, Leerstellen der Sinnlichkeit fordern sie heraus und beflügeln die dichterische Phantasie, als Schnittstellen zwischen den Sinnen fordern sie zu Korrespondenzen und Übersetzbarkeit auf. Die Autorin Adrianna Hlukhovych promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München in den Fächern Neuere deutsche Literatur, Slawistik, Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft.