Beschreibung
Der Titel dieses Bandes steht für eine zentrale Einsicht der Medizinischen Anthropologie, wie sie von dem Heidelberger Neurologen Viktor von Weizsäcker (1886–1957) sowohl philosophisch entwickelt als auch experimentell begründet und in die ärztliche Praxis umgesetzt wurde. Anders als in der modernen Medizin, deren Erfolge eher mit der Trennbarkeit von Leben und Tod, von Gesundheit und Krankheit zu tun haben, geht es hier um eine Vorstellung vom Leben, dessen Reichtum und Erfüllung aus Situationen des Mangels und der Gefährdung erwachsen. Die Teilhabe des Todes am Leben wird gleichsam zu einem partizipatorischen Paradigma für alle Gegensätzlichkeiten des Lebendigen, seien es das Körperliche und das Seelische oder das Eigene und das Fremde. Eine Medizin, für die der Tod nicht nur ein Gegenspieler des Lebens ist, sondern »ein Teil des Lebens selbst, ohne den Leben nicht Leben wäre,« hat für Weizsäcker »in gleicher Kraft dem Leben und dem Tode zu dienen«. Solche paradox anmutende Zusammenhänge erinnern an vergessene Konzepte der Frühen Neuzeit und reformatorischen Anthropologie. Neben Martin Luther ist hier vor allem an den Arzt und Naturforscher Paracelsus zu denken. Vor dem Hintergrund der Ideengeschichte und der aktuellen Not im Umgang mit Sterben und Tod gibt es Beiträge u.a. von Emil Angehrn, Jörg Dierken, Volker Gerhardt, Wolfgang Riedel, Jürgen-Paul Schwindt, Heinz Schott, Marianne Schröter und Bernhard Waldenfels.
Die Herausgeber
Rainer-M.E. Jacobi ist als Wissenschaftspholosoph freier Mitarbeiter am Institute for Medical Humanities der Universität Bonn und war Vorstandsvorsitzender der Viktor von Weizsäcker Gesellschaft.
Ernst-Joachim Waschke ist emeritierter Professor für Altes Testament an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg und Präsident der Stiftung Leucorea Wittenberg.
Stephan Zierz ist Professor für Neurologie und war Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Halle.