Beschreibung
In Thomas Manns kalifornischem Exilroman “Doktor Faustus” ist die Musikerbiographie Adrian Leverkühns ein ästhetisch-politisches Modell für Deutschland, das verspätet bis an die Zähne bewaffnet in die europäische Moderne einfiel. Auf diese Weise verschiebt sich der politische Gehalt der Erzählung allegorisch auf die ästhetische Inszenierung der Musik. An diesem entscheidenden Punkt setzt die Untersuchung mit einer neuartigen intermedialen Analyse an, wegweisend für Philosophie, Ästhetik, Literatur- und Musikwissenschaft. Die Rolle der Musik schwankt zwischen dem heißen Medium eines ästhetizistischen Totalitarismus, im Sinne des frühen Nietzsche, und der kühleren Funktion einer reflexiven Zeitkunst, im Sinne der Musikphilosophie Adornos. Die Darstellung der Leverkühnschen Hauptwerke “Apocalipsis” und “Doktor Fausti Weheklag” wird zum Testfall für die ästhetische und politische Urteilskraft des Lesers. Erst durch die intermediale Entfaltung der Textpartitur können die Verflechtungen der Diskurse von Musik, Literatur und Politik erschlossen werden, am Leitfaden der Figuren von SPIEGEL und ECHO. In Exkursen wird eine Theorie der Intermedialität entwickelt, welche gegen gängige postmoderne Ansätze der globalen Vernichtung von Raum, Zeit und Kultur gerade auf der unterschiedlichen Übersetzungs- und Transformierungsleistung aller Medien insistiert. Der Autor Peter V. Brinkemper, Jg. 1956, Germanist und Philosoph. Studium an der Universität Bonn, Promotion ebenda 1995. Wissenschaftliche und journalistische Veröffentlichungen zu: Literatur (Bachmann, Brinkmann), Philosophie, Soziologie (Adorno, Habermas), Film (Kubrick), bildende Kunst, Medien und Politik. Herausgeber von WORLD MEDIA PARK. Globale Kulturvermarktung heute. Berlin 1994. Lebt in Köln.