Beschreibung
Julien Offray de La Mettries (1709-1751) Maschinentheorie des Lebendigen geistert bis heute als Schreckgespenst des Materialismus durch die Philosophiegeschichtsbücher. Eine kritische Lektüre seiner Schriften zeigt jedoch, daß sich hinter dem mechanisch anmutenden Materialismus eine frühe Kritik am Wissenschaftsverständnis der Neuzeit verbirgt: Wissenschaft ist immer der Mode unterworfen. Der angeblich plakative „Materialismus“ entpuppt sich als These, die das dualistische Weltverständnis des neuzeitlichen objektiven Forschers in Frage stellt, Wahrscheinlichkeit und Vieldeutigkeit, auch im Bereich strenger Naturwissenschaft, der Wahrheit vorzieht und sich gerade gegen mechanistische Interpretationstendenzen des Lebendigen richtet. Ironie und Skepsis sind die Schlüsselbegriffe in La Mettries schillerndem Gegenkonzept zur an der Vernunft orientierten Aufklärung: Die Natur begreift er als autonom und sich selbstschöpfend; ihre Erkenntnis kann deshalb nicht in Beherrschung gipfeln, sondern verlangt Respekt und zielt auf die Verhinderung der Entfremdung des Menschen von der Natur. Ergänzt wird die Studie, die La Mettrie in einem neuen Licht zeigt, durch eine umfangreiche Primär- und Sekundärbibliographie sowie eine biographische Datentabelle. Die Autorin Birgit Christensen ist Assistentin und Lehrbeauftragte am Philosophischen Seminar der Universität Zürich.