Beschreibung
Die Studie analysiert die immanente Poetik von Goethes Tasso vor dem Hintergrund von Schillers Aufsatz Über naive und sentimentalische Dichtung und Schlegels Abhandlung Über das Studium der griechischen Poesie und charakterisiert dieses Schauspiel als eigenständigen Beitrag zur Selbstvergewisserung der Literatur an der Nahtstelle von Klassik und Moderne. Literaturtheoretische Fragestellungen werden mit ausführlichen Formanalysen verbunden. Die Kompositionsform des Dramas wird als polyperspektivischer Verweisungszusammenhang beschrieben, die Handlungsarmut als Ergebnis einer poetischen Logik gewertet, die alle Konfliktpotentiale konsequent in den unterschiedlichen Vorstellungsformen des menschlichen Bewußtseins aufsucht: Es gibt in diesem Drama keine Fakten, sondern nur Interpretationen; dramatische Spannung entsteht nicht durch Intrigen, sondern als Folge der zahlreichen Wahrnehmungswechsel Tassos, dessen Unbeständigkeit Ausdruck permanenter Zeiterfahrungen ist. Daß Goethes Tasso eine ganze Reihe dramatischer Konventionen gegen den Strich bürstet, zeigt ein dramenhistorischer Exkurs, der die Entwicklung der Dramatik von den Anfängen des bürgerlichen Trauerspiels bis zu den klassischen Dramen Schillers verfolgt. Der Autor Alexander Weiszflog studierte Germanistik und Europäische Ethnologie in Marburg und Hamburg. Mit der vorliegenden Arbeit wurde er 1997 an der Freien Universität Berlin promoviert.