Beschreibung
Die Meinung, erst die Neuzeit habe einen philosophischen Begriff des Selbstbewußtseins entwickelt und die Reflexion der Erkenntnis auf das Erkennen selbst als Möglichkeit der Erkenntnis entdeckt, ist die am weitesten verbreitete Legende der neueren Philosophiegeschichte. Ausgehend von der richtigen Feststellung, daß die Erkenntnis auf das Erkennen selbst das zentrale Thema der Philosophie der Neuzeit ist, blieb indes unerkannt, daß die Frage in dieser Richtung älteren Datums ist und schon der griechischen Philosophie vertraut war, die aber auf diese Frage eine andere Antwort gab als die Neuzeit. Gleichwohl hat die griechische Philosophie eine in ihrem eigenen Rahmen vollgültige Reflexion auf das Erkennen selbst ausgebildet. Das Buch berichtet von der Wiederentdeckung des Faktums der Selbstreflexion und der philosophischen Bewußtseinsproblematik in der Antike. Es behandelt im Spiegel der Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte die Frage, wie sich für die klassische griechische Philosophie Selbstverhältnisse darstellten und wie ihr Verständnis der Struktur der Selbstbeziehung aussah. Dabei rückt das Problem von Subjektivität und Selbstbewußtsein in der Antike in den Mittelpunkt der Betrachtung und führt zu einer neuen Sicht der Entdeckungsgeschichte des Selbstbewußtseins, die erkennen läßt, in welchem Sinne Descartes nicht nur ein Anfang ist, sondern auch das Ende einer Entwicklung bedeutet, das unausgeschöpfte Denkmöglichkeiten für Jahrhunderte in Vergessenheit geraten ließ. Nur so konnte es zu den Selbstmißverständnissen der Aufklärungsphilosophie und den Illusionen des deutschen Idealismus und Materialismus kommen. Der Autor Klaus Oehler ist Professor emeritus der Philosophie an der Universität Hamburg. Ehrendoktor der Panteion Universität Athen, Korrespondierendes Mitglied der Akademie von Athen. Former Member des Institute for Advanced Study in Princeton. Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Semiotik. Fellow der amerikanischen Peirce Society. Mitglied der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften, Hamburg.