Beschreibung
Auf der Spurensuche der “griechischen Tragödie” war Nietzsche zunächst einem Lachen konfrontiert, das einem im Halse stecken bleibt. Dieses wurde Ausgang und Grundton all seines künftigen Lachens, das sich vom Grell-schrecklichen des Silen über die Unwiderrufbarkeit von Geburt und Tod, des Vagabundisch-trunkenen des Dionysos bis hin zum Esels-festlichen des Zarathustra verwandelte und sich schließlich im Wahn-Sinn entlud. Sein Lachen-Können aber hat er sich – dionysosgemäß – buchstäblich erwandert. Steter Auf- und Ausbruch an die frische Luft aus krankmachender stickiger Enge fortschrittverliebter Gelehrten- und heuchlerischer Moralmaskerade brachte ihm ironische Distanz zur Welt und ließ ihn mit dem Wechsel der Perspektiven die vertrautesten Seh- und Gehgewohnheiten umwerten. Jenseits aller künstlichen Rauschmittel aber war ihm einzig die Kunst, aus jenem Lachen geboren, Stimulans seines Lebens, seiner Werte-Umwertungen. Darin ihm voraus und doch ihm verwandt gab es Wanderer zwischen den Welten, die das Leben zur Kunst und die Kunst zum Leben machten, Thomas de Quincey und Charles Baudelaire. Milan Kundera, komödiantischer Diagnostiker unserer Tage, läßt zwischen rasenden Zeit-Räumen, gegen den Rausch der Geschwindigkeit, die Langsamkeit als Glücks-Möglichkeit wiederentdecken und schwingt damit in Nietzsches Gedanken über die Philosophie als “Muße” ein. “Der Mensch von heute ist es, mit dem ich verhängnisvoll gleichzeitig bin”, bekannte Nietzsche, “erst das Übermorgen gehört mir. Einige werden posthum geboren”. Das bestätigen auch Paula Modersohn-Becker und Rainer Maria Rilke; Stefan Zweig, der Sigmund Freud im Andenken an Nietzsche seinen “Kampf mit Dämon” widmete. Bernhard Waldenfels beobachtet mit Bezug auf Nietzsche den Menschen als das “nicht festgestellte” Wesen, das sich gegenüber Computer und Tier durch seine Fähigkeit zum Lachen auszeichnet. Nietzsche selbst aber, der lieber Narr als Nekrophiler, lieber Dichter als “Denker”, lieber Jude als Deutscher, lieber Europäer als Nationaler, lieber Weltenbummler als Europäer, lieber heimatlos als zuhause sein wollte, läßt sich am wenigsten “feststellen”. Es fragt sich, ob wir, an der Jahrtausendwende angekommen, seinen Worten zustimmen können, die er wie beiläufig über seinen “Zarathustra” sagte: Er ist “das tiefste und entscheidendste Ereigniß – der Seele, mit Erlaubniß! – zwischen zwei Jahrtausenden, dem zweiten und dem dritten -” Hatte doch Zarathustra den häßlichsten Menschen das Lachen gelehrt und ihm damit das Leben zum erstenmal liebenswert gemacht … INHALT: “Sie hätte singen sollen, diese ‘neue Seele’…”: Nietzsche-Zarathustra: “das entscheidendste Ereigniß – der Seele zwischen zwei Jahrtausenden, dem zweiten und dem dritten …” I. Aufbruch zu Dionysos – II. “Stäte Heimsuchung”: Nietzsches antideutsches Juden- und Europäertum – III. Wanderer zwischen zwei Schatten: “Erlöser des Zufalls” – IV. Heim-Kehr zu Dionysos? – Dionysos Philosophos – Oder: Die Sehn-Sucht nach dem Lächeln Apolls – Drogen. Rausch aus der Sicht Nietzsches, de Quinceys, Baudelaires, Kunderas I. Nietzsches Unsterblichkeits-Ironie – II. “Schlüssel zum Paradies…”: de Quincey – III. “Künstliche Paradiese…”: Baudelaire – IV. “Rausch ohne Rauschmittel”? – V. Komödiant der Langsamkeit: Kundera – Der Wille zur Kunst: Paula Modersohn-Becker und Rainer Maria Rilke in ihrer geistigen Beziehung zu Nietzsche I. Die Malerin im Umfeld der Nietzsche-Rezeption – II. Der Wille zum Leben als Wille zur Kunst – III. Der Wille zur Kunst als Wille zur Macht – IV. Der Wille zur Macht als Wille zur Kunst – V. Der Wille zur Kunst als Wille zum Leib – VI. Requiem? Oder: Der Wille zum Spiegel – “Seid gegrüßt Dämonen!” Stefan Zweigs Apologie des Dämonischen: Nietzsches und Freuds geistiger Vaterschaft zu Ehren – I. Der Dämon des Lichts wider den deutschen Teufel – II. Apoll und sein alter ego Dionysos – III. Das Lachen der Auferstandenen – IV. Die wahrhaft Dämonischen – V. Untergang? “Zwischen den Zeichen…” Mit Bernhard Waldenfels unterwegs in den “Netzen der Lebenswelt” Die Autorin Barbara Smitmans-Vajda, Studium der Philosophie, Theologie, Germanistik, Kunstgeschichte und der Empirischen Kulturwissenschaft in Münster, Freiburg, Tübingen (hier v.a. bei Ernst Bloch); Dissertation “Die Bedeutung der Bildenden Kunst in der Philosophie Georg Simmels.” Vorträge, Unterricht in der Erwachsenenbildung; Lehrerin in den Fächern Philosophie, Germanistik, Ethik, Bildende Kunst an einem Gymnasium in Tübingen.