Beschreibung
Beim Sprechen sagt man mehr als man weiß. Diese Hypothese ist die Grundidee des Buches “Vom Hören und Staunen”. In 36 Essays gräbt der Autor im Stammbaum von Wörtern nach und fördert reichlich Indizien zu Tage, die seine Behauptung belegen. Dabei setzt er sich methodisch zwischen die Stühle. Mal ist sein Ansatz streng und analytisch, dann spielerisch und unbekümmert. Immer bleibt die Methode jedoch explorativ. Ohne am Anfang der Kapitel zu wissen, wohin die Fahrt gehen wird, überläßt es der Autor den verwandtschaftlichen Beziehungen der Wörter, die Richtung des Schiffes zu bestimmen. Er selbst beschränkt seinen Einfluß darauf, am Ruder den Kurs zu halten und ein Segel aus intuitiver Phantasie in den Wind des Geschehens zu setzen. So läßt er sich übers Meer etymologischer Verflechtungen zu neuen Ufern treiben. Gehört wird auf die oft unerkannt in den Begriffen mitschwingenden Bedeutungsfacetten, die man aufdeckt, indem man in der Entwicklungsgeschichte der Wörter nachforscht. Man erkennt dann staunend, daß Wörter nicht nur isolierte Symbole sind, die man zu beliebigen Aussagen verketten kann, sondern daß sie ein organisch gewachsenes Netzwerk bilden, an dem das Denken der Menschheit seit Jahrtausenden webt. Resultat dieser spracharchäologischen Methode, Wörter beim Wort zu nehmen, ist die überraschende Erkenntnis, daß die nüchterne Wissenschaft der Etymologie philosophisch wird, sobald man die Sprache sagen läßt, was sie selbst über das Wesentliche zu sagen hat. Am Schluß des Buches hat man über vieles nachgedacht und sich dabei amüsiert. Man sieht dann auch, daß die Sprache nicht nur das Werkzeug der Philosophen ist, sondern daß in der Sprache die Wahrheit über sich selbst philosophiert. Der Autor Michael Depner ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Seine therapeutische Arbeitsweise wurde durch die Auseinandersetzung mit der Gestaltpsychotherapie, der Daseinsanalyse und der Psychoanalyse geprägt. Er arbeitet als Oberarzt in einer Fachklinik für Suchtkrankheiten.