Beschreibung
Literatur – Philosophie, oder Philosophie – Literatur: bereits die Reihenfolge dieser Nennung gibt zu denken. Daß beide Disziplinen oder Formen enge Beziehungen zueinander unterhalten, ist aus ihrer Geschichte heraus evident; zugleich aber ist fragwürdig, ob ihr Verhältnisspiel auf eine Leerstelle oder auf Verbundenheit gründe, ob also eine Copula für dieses Verhältnis überhaupt bestimmt werden könne. Mit anderen Worten: Haben wir es hier tatsächlich mit einer genuinen Beziehung oder eher mit Umschreibungen von Beziehungslosigkeit zu tun? Die Faktizität des Verhältnisses von Philosophie und Literatur, von Literatur und Philosophie seit der Antike, ihre partiell gemeinsame Geschichte, vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, daß nicht selbstverständlich von einem “Verhältnis” zwischen beiden ausgegangen werden kann: Handelt es sich um eine Liebesgeschichte zwischen beiden? Um eine pragmatische Ergänzung? Um ein Eifersuchtsdrama? Um eine gemeinsame Wohnstatt im Haus der Sprache? – Die Frage nach dem Philosophischen der Literatur und dem Literarischen der Philosophie kann nicht aus einer gesicherten Position heraus beantwortet werden, weil das Literarische und das Philosophische selbst weder sprachliche noch epistemologische Festigkeit aufweisen. – Von dieser Unsicherheit nimmt jedenfalls der vorliegende Band seinen Ausgangspunkt. Er sucht im Modus verschiedener Konstellationen der Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Literatur nachzugehen. INHALT Vorwort – Einleitung – Norbert Wokart: Glaubenskriege um die literarische Form von Philosophie I. Literatur und Philosophie der Antike: Günter Peters: Literarisches Philosophieren mit dem Mythos “Prometheus” – André Laks: Platons Philosophie des Lobs – Ekkehard Stegemann: Paulus, Sokrates und Seneca. Zu den Anfängen christlicher Literatur- und Philosophiegeschichte II. Literarische Philosophie der Moderne: Barbara Naumann: Kants Stil. Literarische Aspekte systematischer Philosophie – Christian Iber: – Hölderlin und Schelling auf der Suche nach dem verlorenen Sein. Zur Entwicklung von Hölderlins Jeneser ästhetischer Konzeption – Natalie Janz: Die Transformation erkenntnistheoretischer Metaphern im Werk Ernst Cassirers – Chris Bezzel: “Philosophie dürfte man eigentlich nur dichten.” – Über Ludwig Wittgenstein – Achim Geisenhanslüke: Die Philosophie auf der Schwelle zur Literatur. Über Michel Foucault – Lambert Wiesing: Extreme ästhetischen Denkens. Kurt Schwitters, Ludwig Wittgenstein und die Philosophie der Postmoderne III. Pilosophische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts Edgar Pankow: Der Roman der Philosophie. Balzacs “Études philosophiques” – Bernd Hüppauf: Robert Musils “Der Mann ohne Eigenschaften” und das Weltbild der modernen Physik – Richard Faber: Merkprosa. Benjamins Erzähltheorie und der Erzähler Benjamin – Sabine Mainberger: Zwischen Land und Meer. Zur ,Idee’ in Alains Propos SCHLUSS: Chris Rauseo: Gedacht, gedichtet, oder: Wann wird Denken dichterisch? Ein Streifzug von Montaigne bis Kundera Die Herausgeber Richard Faber ist Privatdozent für Soziologie (der Literatur) an der FU Berlin. Barbara Naumann ist Privatdozentin für Allgemeine und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin.