Beschreibung
Der alte, über die Christusfigur ausgetragene Streit um die Natur des Bildes, der eine Abspaltung des Abbildes vom Urbild ausgelöst und eine Verselbständigung künstlerischen Schöpfertums bewirkt hatte, erfuhr eine moderne Wiederbelebung, als sich eine dritte Natur zum Bild dazugesellte und als Medium zwischen Kunst und Wirklichkeit schob: die Fotografie. Mit der modernen Medientechnologie, vor allem der fotografischen Technik, kam es zu einem folgenreichen Umbruch im bis dahin geltenden Natur- und Abbildverständnis: Bild und Text wurden auf ihre Nachbildlichkeit gestoßen, was zur Entwicklung einer neuen Ästhetik führte, die dem Gestaltungsakt Vorrang vor dem vollendeten Werk einräumte und sich auf das radikal Imaginäre berief. In einem historischen Durchgang durch das 20. Jh. werden Übermalungen und Überschreibungen als selbstreferentielle Verfahrensweisen vorgestellt und anhand der Differenz zwischen Ur- und Abbild, Präsenz und Repräsenz, Künstler und ,Producer’ eine spezifische Produktions- und Wirkungsästhetik des Über-Bildes bzw. Über-Textes entwickelt. Unter dem Vorzeichen eines nachmodernen Bilderstreits und Büchersturms wird daran anschließend die Frage nach den machtpolitischen und soziologischen Dimensionen einer Über(lagerungs)-Kunst erörtert, die zerstörerisch in Bild- und Textvorlagen eingreift. Die Autorin Birgit Mersmann studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Deutsch als Fremdsprache in München und Wien. Promotion 1996, seit 1998 DAAD-Lektorin.