Beschreibung
Die Reduktion der Protagonisten von Prosa und Drama zu körperlosen Stimmen ist bislang nur an Einzelfällen untersucht worden, nicht jedoch im europäischen Zusammenhang einer kontinuierlichen Entwicklungslinie der avantgardistischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Das Phänomen der halluzinierten Stimme ist der Motor einer Verschmelzung der traditionellen Genres von Prosa und Drama. Um deren Konvergenz aufzuzeigen, wird die Entwicklungstendenz beider Gattungen zur “Stimmenliteratur” an einer Reihe paradig-matischer Texte nachgewiesen. Diese Literatur stellt zugleich eine Überschreitung und Fortsetzung der literarischen Tradition dar, so daß ihre Leser vor historisch einzigartigen Schwierigkeiten der Rezeption stehen. Ein Vorverständnis des Umbruchs der Literaturästhetik, der über die Zwischenstufe des “Monologue Intérieur” zur modernen “Stimmenliteratur” führt, wird anhand von Künstlertheorien (Baudelaire, Kandinsky, Maeterlinck, Artaud, Robbe-Grillet, Sarraute) erarbeitet. Eine detaillierte textnahe Analyse ermöglicht die zusammenfassende Formulierung einheitlicher Kriterien des Textverständnisses in Richtung auf eine “Poetik der Stimme”. Der Autor Jens Nöller studierte Publizistik, Komparatistik und Geschichte, arbeitete zeitweilig für den Hörfunk und promovierte mit der vorliegenden Arbeit in Bochum.