Kurt Christ

Rousseaus deutscher Adept

Rousseauismus in Leben und Frühwerk Friedrich Heinrich Jacobis

Erscheinungsdatum: 01.01.1998, 378 Seiten ISBN: 978-3-8260-1519-9
Fachgebiet:
Autor*innen:Kurt Christ

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Beschreibung

Lediglich in Ansehung formaler wie ästhetischer Stilmittel des Briefromans hat allein die Literaturwissenschaft bis heute – ähnlich wie für Goethes Werther – die Nähe Friedrich Heinrich Jacobis (1743-1819) zu dem ,Genfer Bürger’ von Weltgeltung gesehen. Die vorliegende Abhandlung vertritt die These, daß das gesamte Frühwerk des Düsseldorfer Autodidakten, lange Zeit als unsystematischer “Halbkopf” der Goethezeit verkannt, in politisch-gesellschaftskritischer wie religionsphilosophischer Hinsicht sein Leben fundamental aus den Ideen des verfemten Preisträgers von Dijon bezieht. In der Tat konstituiert sich das Denken des 16jährigen Jacobi während seiner Genfer Lehrjahre (1759-1762) aus dem geistigen Umfeld der engsten Freunde Rousseaus und dessen Antipoden Voltaire, der sich auf seinem Landsitz bei Genf an des Knaben geistiger Wendigkeit wie an seiner anmutigen äußeren Erscheinung delektiert. Rousseaus Deismus, wie in der Confession des Émile verkündet, wird für Jacobi zum liberal-republikanisch orientierten Grundferment seines insgesamt aufklärungskritischen Werks, das, in Parallele zu Rousseau und in der Nachfolge Spinozas, seine Orthodoxieferne durch die Universalmystik einer im Gewissen evident verbürgten Gotteserfahrung ersetzt. Die politische Sprengkraft der freigeistigen Lehre Rousseaus erfordert für ihre publizistische Verbreitung in Deutschland eine diplomatische Verbrämung, für die Jacobis Bruder Johann Georg, der bereits anerkannte Dichter und Kanonikus, verantwortlich zeichnet, indem er, durch Justus Mösers herbe Kritik an Rousseau gewarnt, dem Feuergeist des Bruders Zügel anlegt. Das wahre Ausmaß der publizistischen Zusammenarbeit der Brüder Jacobi wird insbesondere anhand des sog. Freydenkerbriefs untersucht, welcher – allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz – schon bald als politisches Verschwörungsmanifest gehandelt wird. Nicht nur unter diesem Aspekt wird der junge Jacobi für den deutschen Sprachraum zum Adepten erster Generation eines europäischen, überhistorischen Rousseauismus; – die vorliegende Abhandlung weist für Jacobi darüber hinaus auch anhand seiner engen Beziehung zu Christoph Martin Wieland eine Rousseau bemerkenswert strukturell verwandte Geistesverfassung nach bis in die eigentümliche Prädisposition einer neurotisch-labilen, hypochondrischen Autorenpersönlichkeit, die aufgrund ihrer gesellschaftsexternen Existenz aus der Distanz ihre schonungslos-radikalisierte Diagnose zeitgeistbedingter Depravation stellt, dabei stets jedoch auch der Gefahr eitel-narzißtischer Selbstbespiegelung in der eigenen, als exzeptionell erkannten Tugendverfassung ausgesetzt ist. Dies an den Bekenntnissen Rousseaus schmerzlich erfahrene Phänomen versucht Jacobi in seinem philosophischen Roman Woldemar, der einer eingehenden Interpretation unterzogen wird, zu verarbeiten. Die literarisierte Objektivierung seiner selbst gerät Jacobi unversehens erneut zur Apologie der wirkungsmächtigen Ideen seines in Paranoia und Schizophrenie versunkenen Vorbilds. Dem offenkundig Brüchigen, Diskrepanten, Zwiespältigen auch in Jacobis früher Biographie spürt die vorliegende Abhandlung unter der Edition erstmalig veröffentlichten, reichen Quellenmaterials nach, was den Band nicht zuletzt als unverzichtbares Supplement der Jacobi-Korrespondenz- wie der historisch-kritischen Jacobi-Werkeausgabe erscheinen läßt.

Zusätzliche Information

Gewicht0,9 kg
Größe15.5 × 23.5 cm (B × H)
Seiten378
Erscheinungsdatum01.01.1998
ISBN978-3-8260-1519-9   //   9783826015199
EinbandartLEINEN
SpracheDeutsch
VerlagKönigshausen & Neumann
Verlags-Code05/5108091

Autor*innen

Christ, Kurt