Beschreibung
Der Handlungsutilitarismus ist nur solange attraktiv, bis sich die grundlegenden moralischen Fragen nach dem guten Leben oder der Lösung schwieriger Fälle aus der Perspektive eines betroffenen Individuums stellen. Hier versagt diese Position oder weicht aus. Damit verheißt der Handlungsutilitarismus nur, von einem kollektiven Standpunkt aus Streitigkeiten so zu lösen, daß sich die insgesamt besten Folgen ergeben. Anderheiden sucht jedoch zu zeigen, daß der Utilitarismus für die Lösung der schwierigsten Fälle dieser Art, nämlich die interpersonellen Pflichtenkollisionen, in heutigen pluralistischen Gesellschaften ungeeignet ist. In solchen Gesellschaften verfolgen die Mitglieder eine Vielzahl von Theorien des Guten. Es ergibt sich, daß es richtig ist, diese Pluralität nicht zu bekämpfen und nicht zu ignorieren, sondern als Datum hinzunehmen und dabei die Gesellschaftsmitglieder gleich zu achten. Dann können aber Konflikte entstehen, die besonders drängen, wenn Mitglieder einander widersprechende gesellschaftliche Regeln für moralisch notwendig halten. Das ist die Situation interpersoneller Pflichtenkollisionen, die es zu lösen gilt. Hierzu scheint die handlungsutilitaristische Alternative prädestiniert zu sein, weil sie alle Individuen mit ihren Theorien des Guten gleich achtet und den Konflikt durch Maximierung eindeutig klären will. Doch zeigt sich, daß Utilitaristen in den weitaus meisten dieser Fälle entweder Gleichachtung oder Maximierung aufgeben müssen. Beides ist inakzeptabel. Der Autor Michael Anderheiden, Studium der Rechtswissenschaften und Philosophie in Mainz, Freiburg und Münster, juristisches Staatsexamen, philosophische Promotion; derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Staatsrecht und Rechtsphilosophie der Universität Heidelberg; Veröffentlichungen zur politischen Philosophie, Rechtsphilosophie und Medizinethik.