Beschreibung
Die vorgelegte Dissertation weist Analogien und Differenzen der poetologischen Paradigmen in Georg Lukàcs’ Theorie des Romans und Michail Bachtins Prosaästhetik auf, fragt nach deren geschichtsphilosophischer und weltanschaulicher Begründung und unternimmt eine Einordnung in den zeitgenössischen Kontext der Diskussion um den “modernen Roman”. R.M. Rilkes Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge wird als archetypischer Text der literarischen Moderne entfaltet, der nicht nur den gedanklichen Rückbezug der Untersuchung auf die konkrete künstlerische Praxis gewährleistet, sondern auch das Innovationspotential des poetischen gegenüber dem theoretischen Text transparent macht. Die Arbeit weist auf, in welcher Form die Theoretiker – wie auch Rilke – die conditio moderna als Krise erfahren und Modelle zu ihrer Überwindung entwickeln, die – anders als Rilkes Roman – der klassischen Ästhetik verpflichtet sind. Der gewählte Ansatz ermöglicht es dabei, die Historizität des romantheoretischen Diskurses zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu profilieren und zu zeigen, wie die realen historischen, kulturellen Voraussetzungen in die Texte und die in ihnen vermittelten weltanschaulichen Positionen Eingang finden. Darüber hinaus wird in der Theorieanalyse offengelegt, wie sich die stürmische interdisziplinäre und internationale Vereinnahmung Bachtins in der aktuellen Forschung, die ein Ungleichgewicht zur verhaltenen Lukács-Rezeption darstellt, den gedanklichen und methodi- schen Eigenarten der Theoretiker verdankt. Die Autorin Tanja Dembski studierte Germanistik und Slavistik an der FU Berlin, wo sie mit der vorliegenden Arbeit promovierte.