Beschreibung
Bislang fand der soziale Antagonismus der Ungeselligen Geselligkeit bei der Behandlung der Geschichtsphilosophie Kants wenig Beachtung. Er rührt daher, daß der Mensch, so Kant, “eine Neigung hat, sich zu vergesellschaften”, aber auch einen “großen Hang, sich zu vereinzelnen”. Insofern ist er in seinem Verhalten zu anderen niemals eindeutig, beide Kräfte des Antagonismus sind in ihm gleichzeitig wirksam. Kant schreibt ihm deshalb eine Funktion als Antriebskraft der Geschichte und als Regulativ gesellschaftlicher Prozesse zu. In der Untersuchung erweist sich das anthropologische Merkmal der Ungeselligen Geselligkeit als instruktiv für geschichtsphilosophische Reflexionen in einer Zeit, die das Diktum vom Ende der Geschichte allenthalben strapaziert. Zugleich wird deutlich, daß Kants These zum Verständnis der gegenwärtigen spannungsreichen gesellschaftlich-politischen Situation der Menschheit beiträgt. Als heuristische Gedankenfigur ist der Begriff der Ungeselligen Geselligkeit somit generell in der Lage, komplexe sozialphilosophische Zusammenhänge systematisch zu erhellen. Der Autor Andreas Belwe hat an der LMU München Philosophie, Psychologie und Kommunikationswissenschaft studiert. An der privaten Universität Witten/Herdecke hat er über die praxisbezogene Auswertung wissenschaftlicher Arbeits- und Forschungsergebnisse der Philosophie promoviert. Seit 1998 betreibt er in München eine Philosophische Praxis und leitet das Interdisziplinäre Netzwerk KYON, ein Projekt zur Unterstützung und Erweiterung des universitären Studiums.