Wendelin Schmidt-Dengler, Alfons Reiter, Bettina Rabelhofer, Eduard Beutner, Ulrike Tanzer

Literatur als Geschichte des Ich

Erscheinungsdatum: 01.01.2000, 360 Seiten ISBN: 978-3-8260-1864-0
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Beschreibung

Es gibt eine Geschichte der Länder, der Familie, der Kriege, der Kindheit, des Todes… Man kann eine Geschichte der Briefmarke ebenso schreiben wie eine Geschichte der Kleidung und der Tischsitten, der Literatur und der Kunst ebenso wie der germanistischen Methoden. Gibt es auch eine Geschichte des Ich? Es gibt sie; und enthalten ist sie in der Literatur. Seit geraumer Zeit gibt es eine geistes- und sozialwissenschaftliche Diskussion über die Bedeutung oder Bedeutungslosigkeit des Subjekts in unserer Epoche, über die ,Konstruktion’ des modernen Ich und deren Brüchigkeit einerseits, über die Nichthintergehbarkeit von Individualität andererseits. Was für Befunde auch stichhaltig sein mögen: Nicht hintergehbar ist der Aufweis des Wandels von Ich-Bildern in der Geschichte der Literatur. Literatur als Geschichte des Ich gibt Auskunft über die Bilder, die sich die Menschen im Laufe der Geschichte von sich selber gemacht haben und machen. In solcher Vermitteltheit enthält Literatur auch eine Geschichte von Gesellschaften, von der Subjektivität literarischer Zeugnisse aus gesehen. Anders als der Soziologie und der Psychologie geht es der Literatur nicht um repräsentative Befunde bzw. Prognostik, sondern um die Vermittlung eines Allgemeinen durch das Individuelle. Sigmund Freud hat bekanntlich in Arthur Schnitzler eine Art Doppelgänger erblickt: “So habe ich den Eindruck gewonnen, daß Sie durch Intuition – eigentlich aber infolge feiner Selbstwahrnehmung – alles das wissen, was ich in mühseliger Arbeit an anderen Menschen aufgedeckt habe.” Literatur erscheint in diesem berühmten Brief als ein Modus von Erkenntnis und Weltdeutung, der mit der Wissenschaft Psychologie nicht nur Schritt hält, sondern vielleicht sogar die Nase vorn hat. Sie ist eine Antenne für das Aufspüren von Zuständen und Wandlungen des Ich in seinem Verhältnis zu sich selbst, zum Andern in sich, aber auch im Verhältnis zu anderen Menschen. Die Beiträge sind Ergebnisse des Symposions “Literatur als Geschichte des Ich”, das im März 1999 in Salzburg stattfand. Sie nähern sich dichterischen Entwürfen des Ich, der Identität und Subjektivität seit dem 18. Jahrhundert vorwiegend aus literaturwissenschaftlicher Perspektive, darüberhinaus werden Konzeptionen des Subjekts aus der Sicht der modernen Geschichtswissenschaft, Philosophie, Psychologie und Soziologie beleuchtet. INHALT Wendelin Schmidt-Dengler: Das Ich des Augustinus im Wandel – Die “Confessiones” und ihre Wirkungen – Alfons Reiter: Das Entwicklungswissen in der Literatur – Bettina Rabelhofer: Das verborgene Elend der Lächler. Die Ambivalenz im Spiel mit der eigenen Identität bei Jakob Michael Reinhold Lenz – Walter Weiss: Goethes “Ich” – Karlheinz Rossbacher: “Ihr Traum ist sehr artig”, sagte Goethe. Johann Peter Eckermann möchte ein anderer sein – Manfred Mittermayer: Der Zerfall des Ich im romantischen Märchen. Zu Ludwig Tiecks “Blondem Eckbert” – Eduard Beutner: Natur- und Ich-Erfahrung. Frühromantische Konzeptionen. – Helmut Kuzmics: Bürgerliche Individualisierung im vormärzlichen Österreich. Grillparzer, der arme Spielmann – Hans Höller: Stifters indianische Seele – Karl Wagner: Hamlet und Don Quijote. Zur literarischen Arbeit an den Mythen des Individuellen in der Literatur des Realismus – Ulrike Tanzer: “Ob ich klar bin über mich?” Selbstbeobachtung und Selbsterziehung bei Rosa Mayreder und Alfred Freiherr v. Berger – Wolf Wucherpfennig: Die Einsamkeit des Westens. Moderne, Dekadenz und Identität im Heliogabal-Stoff (Lombard, Couperus, George) – Konstanze Fliedl: Ich bin ich. Ernst Mach und die Folgen – Harald Schmidt: Grenzfall und Grenzverlust. Die poetische Konstruktion des Wahns in Arthur Schnitzlers “Flucht in die Finsternis” (1917/31) – Christian Angerer: Kleine Rollen, souverän gespielt. Über Identitätsverweigerung bei Robert Walser – Markus Kreuzwieser: “Sie werden darum eingeladen […], diese sehr geehrte Persönlichkeit hier in der Garderobe abzugeben […]” – Das zersplitternde Ich bei Hermann Hesse – Johann Holzner: Auflösung der Ordnung und Auslöschung des Subjekts. Theodor Kramers “Kalendarium” (1930) – Herwig Gottwald: Der Kampf um das Ich in Hans-Henny Jahnns Trilogie “Fluß ohne Ufer” – Dagmar Lorenz: Generation, Geschlecht und Erzähltradition im autobiographischen Schreiben jüdischer Autoren: Canetti, Torberg, Aichinger, Beckermann – Sigrid Schmid-Bortenschlager: Wolfgang Hildesheimer – eine deutsche Biographie – Andrea Capovilla: Gina Kaus und Vicki Baum: Von Wien nach Hollywood. “True Stories” – Heinrich Schmidinger: Christliche Anthropologie und postmoderne Destruktion der Subjektphilosophie – Ernst Hanisch: Der Einbruch der Literatur in die Geschichtswissenschaften. Der Streit um die postmoderne Subjektivität – Adolf Haslinger: Die Problematik des Ich-Erzählers bei Peter Handke – Werner Jung: Das Ich im Schnittpunkt der Erinnerung. Dieter Wellershoff, Hermann Lenz und Ludwig Harig – Dzevad Karahasan: Identität im Doppelwesen der Grenze. Hölderlin und Kleist als Paradigmen der europäischen Literatur Die Herausgeber Eduard Beutner ist Prof. für Neuere deutsche Literatur an der Universität Salzburg. Veröffentlichungen vorwiegend zur österreichischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts. Ulrike Tanzer lehrt Neuere deutsche Literatur an der Universität Salzburg. Promotion 1996 mit einer Arbeit zu Marie von Ebner-Eschenbach. Publikationen zur (österreichischen) Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts.

Zusätzliche Information

Gewicht0,7 kg
Größe15.5 × 23.5 cm (B × H)
Seiten360
Erscheinungsdatum01.01.2000
ISBN978-3-8260-1864-0   //   9783826018640
EinbandartGebunden
SpracheDeutsch
VerlagKönigshausen & Neumann
Verlags-Code05/5108091

Autor*innen

Beutner, Eduard

Rabelhofer, Bettina

Reiter, Alfons

Schmidt-Dengler, Wendelin

Tanzer, Ulrike