Beschreibung
In der Schrift wird Nietzsches Denken über das Triebgeschehen und der von ihm gesehene Zusammenhang des Willens zur Macht aufgedeckt und umfassend erläutert. Das Reflexionsmaterial dazu entstammt größtenteils aus Nietzsches Nachlaß. Die Philosophie Nietzsches orientiert sich eng am Leben, sie ist Psychologie, Physiologie und Metaphysik zugleich. Zentral für sein Denken ist das alles Dasein durchwirkende Prinzip des Willens zur Macht und die ihm zugrunde liegenden antagonistischen Triebkräfte. Seine Betrachtungen konzentrieren sich auf den Menschen, in dem er dieselben Kräfte wirken sieht wie im Weltganzen. Im Gegensatz zu den modernen Theorien, die die Frage nach der Motivation der Handlung in den Vordergrund stellen, sucht Nietzsche die menschliche Natur in ihrer ganzen Tiefe zu ergründen. Er sieht die Triebe, die tief im Innern des Menschen unbewußt wirken, als die alles bestimmenden Kräfte. Seine Sicht der Welt ist zu einem großen Teil beeinflußt durch Heraklit. In Anlehnung an dessen Philosophie des Werdens und des Gegensätzlichen faßt er das Triebgeschehen als dynamischen Prozeß, bei dem der von ihm gesetzte Wille zur Macht die Grundantriebskraft darstellt. Den Willen zur Macht hat er im Weiterdenken von Schopenhauers Willensmetaphysik entwickelt, den er als lebensverneinend ablehnte. Das Prinzip des Willens zur Macht sah er in der unbelebten wie in der belebten Natur und vor allem beim Menschen in seinen Instinkten und Trieben wirksam. Nietzsches Interpretation des Triebgeschehens reicht von seinem tiefen Verständnis der altgriechischen Philosophie über seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse von Ch. Darwin von W. Roux und ist insbesondere durch den Physiologen J. Paneth geprägt. Von den französischen Moralisten und über den Psychologen P. Rée, vor allem über seine eigene Leibfeindlichkeit, die durch Krankheit und Genesung gekennzeichnet war, erwarb er sich tiefgreifende Erkenntnisse über die Wirkungsweise der Triebe. Nietzsche interpretiert das anthropologische Triebgeschehen als Willen zur Macht, bei dem der jeweils herrschende Trieb zur Entfaltung gelangt und das menschliche Verhalten bestimmt. Er lokalisiert die Triebe im Unbewußten, im “Es”, eine Sicht, die viele Parallelen zur Tiefenpsychologie aufweist und die insbesondere von A. Adler, S. Freud, und C.G. Jung aufgegriffen und weiterentwickelt wurde. Der Autor Günter Haberkamp studierte Philosophie und Sozialpsychologie an der Universität Hannover, wo er 1993 mit seiner Arbeit “Philosophie und Leben beim frühen Nietzsche” zum Magister abschloß und 1998 mit der vorliegenden Arbeit promovierte. Sein Forschungsgebiet ist die Anthropologie.