Beschreibung
Mit der “Sphäre des Ästhetischen”, um die es in diesen Untersuchungen zu Robert Musil geht, ist jener Bereich der Subjektivität gemeint, der sich radikal dem apokalyptischen Potential der Imagination verschworen hat. Sie konstituiert sich in einer Bewegung, die zwischen dezentriertem Bewußtsein, verfremdeter Wahrnehmung und poetischer Textur oszilliert. So weist der erste Teil der Arbeit zunächst an Beispielen aus dem Gesamtwerk nach, wie eine auf spezifische Weise fragmentierte, ‚verschleierte’ Wahrnehmung gekoppelt ist an die Inszenierung eines erotisch konnotierten Erregungszustandes und wie dieser den Raum insofern negiert, als ihm eine “leidenschaftliche Tendenz zur Fläche” korrespondiert. Im zweiten Teil führen Einzelinterpretationen der Novelle Die Versuchung der stillen Veronika und des Romans Der Mann ohne Eigenschaften vor, wie sich Raumflucht und Triebsublimierung zu Textstrukturen verdichten, die darauf angelegt sind, den entsprechend disponierten Leser in die Sphäre des Ästhetischen hineinzuweben. Die Arbeit orientiert sich an einer ebenso psychoanalytisch (Freud) wie poststrukturalistisch (Barthes) inspirierten, materialen Hermeneutik, welche einzelne ‚membranoide’ Motive (Fenster, Schleier etc.) zugleich als Metaphern liest und somit einen ebenso spannungsgeladenen wie fruchtbaren Weg zwischen Kontext und Text, Referenz und Selbstreferenz, Phänomenologie und Semiotik bahnt. Der Autor Jürgen Gunia studierte Germanistik und Philosophie in Freiburg/Br., Würzburg und Bielefeld. 1999 promovierte er mit der vorliegenden Arbeit. Er ist als Wissenschaftlicher Assistent an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster tätig.