Beschreibung
“Das Geweb ist satanisch fein.” Die bewundernden Worte, mit denen der Präsident von Walter die von seinem Sekretär ersponnene Intrige lobt, werden in der vorliegenden Studie als poetologische Selbstreflexion des Textes Kabale und Liebe gelesen. Der Band stellt mit seiner differenzierten Analyse sprachlicher, diskursiver und textueller Gewaltcodierung in Friedrich Schillers bürgerlichem Trauerspiel einen originellen und zugleich thematisch hochaktuellen Beitrag zur modernen Schiller-Forschung dar. Kabale und Liebe wird unter dem Blickwinkel seiner Gewaltstruktur als Gewebe verschiedener dramatischer bzw. dramaturgischer Konzepte aufgefaßt, deren ,Autoren’ die personae dramatis sind: Sie streben ein empfindsam-heroisches Drama, ein rührendes Familienstück, eine Märtyrertragödie, ein Intrigendrama an und beanspruchen dementsprechend Autorschaft, Regie und Rollenverteilung. Aus einer derart heterogenen Textstruktur ergeben sich interessante und durchaus gravierende gattungstheoretische Konsequenzen: Das bürgerliche Trauerspiel scheint nicht erst im 19. Jahrhundert mit Friedrich Hebbels Maria Magdalena an ein Ende zu kommen – bereits Schillers Dramaturgie verweist durch ihre komplexe und gewissermaßen gattungssprengende Struktur voraus auf die Moderne. Die Autorin Nikola Roßbach studierte Deutsch und Französisch (Lehramt) in Aachen und München. 1997: Promotion über Marie Luise Kaschnitz an der RWTH Aachen. Zur Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Gesamthochschule Kassel tätig.