Beschreibung
Thomas Bernhard gehört zu den zur Zeit am meisten diskutierten deutschsprachigen Gegenwartsautoren. Zu den wichtigsten Aspekten seines Werkes zählt zweifellos sein Verhältnis zu seinem Heimatland Österreich. Die vorliegende Publikation unternimmt den Versuch, durch die Darstellung und Analyse der kontroversen Reaktionen, die die Werke und das Auftreten Bernhards in Österreich hervorriefen, die Stellung dieses “Rappelkopf(es) im Spiel der Mächtigen” (Alfred Pfoser) im österreichischen Kulturbetrieb zu beleuchten. Die über Jahrzehnte voranschreitende Entwicklung Bernhards zum “Schimpf-Virtuosen” (Wendelin Schmidt-Dengler) wird anhand der Werk-Rezeption eine Wirkungsgeschichte – die im wesentlichen eine Skandalgeschichte ist – nachgezeichnet; der Spur der Bernhardschen Skandalkunstwerke, die Politikern, Kirchenmännern und Journalisten ein reiches Betätigungsfeld eröffneten und nicht selten vor den Schranken der Gerichte endeten, wird hier nachgegangen. Durch die breite Berücksichtigung der feuilletonistischen und auch juristischen Resonanzen von Bernhards Werk wird die Sonderposition und Außenseiterstellung, die Thomas Bernhard im kulturellen Leben Österreichs in der Zweiten Republik einnahm, herausgearbeitet. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei den Ereignissen rund um das Stück “Heldenplatz”, die die österreichische Nation im Oktober und November 1988 über Wochen hinweg in Atem hielten, gewidmet. Das die Wirkung von Thomas Bernhards Werk ermöglichende kulturelle und politische Klima wird anhand zeitgenössischer Quellen aufgezeigt; ein Thema, das die bereits umfangreiche Bernhard-Forschung bisher kaum dargestellt und analysiert hat. Der Verlauf einer Kampagne wird dokumentiert, die durch das Duo Bernhard/Peymann geschickt provoziert, von Vertretern der Presse, Politikern und der “kochenden Volksseele” äußerst erbittert geführt wurde und die ein eindrückliches Bild davon gibt, in welchem Ausmaß ein Kunstwerk zum Kampfmittel politischer und ideologischer Auseinandersetzungen gemacht werden kann. Der Autor Oliver Bentz, Dr. phil, geb. 1969 in Speyer. Studium der deutschen Philologie und Politischen Wissenschaft in Mannheim. 1995 Förderpreis Kultur- und Literatur für eine Magisterarbeit über Thomas Bernhard. 1997 Veröffentlichung einer Studie über die Geschichte der Arbeiterbewegung in Mannheim. Seit 1996 Hochschulassistent am Lehrstuhl für deutsche Literatur und Kulturwissenschaft (Neuere Germanistik II) der Universität Mannheim.