Beschreibung
Was verbirgt sich hinter Dingen und Namen? Sind die Namen schon die Dinge? Haben Dinge Namen? Antworten darauf suchen Philosophen und Dichter seit über zweitausend Jahren. Da Eigennamen etwas ganz Spezifisches zu benennen versuchen, schließt die Frage nach deren Wesen auch die nach Individualität und Identität ein. Das nutzt die Poesie. Denn trotz Dekonstruktion und ,Tod des Subjekts’ behauptet das Ich dort unvermindert seine Faszination und Aktualität. Die vorliegende Studie ruft diesen sprachphilosophischen und kulturgeschichtlichen Horizont des Benennens und Ich-Sagens ins Gedächtnis und konkretisiert ihn an ausgewählten Texten. Dabei zeigen sich exemplarisch die vielfältigen Funktionen von Namen: sie sind Identitätserzeugungsmittel und Rollenvorgaben, Strukturgerüste von Dichtung und komprimierte Signifikanten mit immenser Bedeutungsaura, sie sind wirklichkeitsmächtige Symbole, aber auch Gelegenheiten zum Blödeln, Babbeln, Scrabblen. Die Herausforderung, die das Allgemeine und zugleich Individualisierende der Namen darstellt, beinflußte auch die Wahl der Autorinnen und Autoren, wenn es dem eigenartigen Umstand auf die Spur zu kommen galt, wie die Einzigartigkeit des Sagens in Literatur, Kultur und Medien, in Rechtswissenschaft und Philosophie möglich ist. Namen geben uns erste Hinweise, was sich mit Worten ereignen kann; denn auch sie sind konventionell und einzigartig, wirklichkeitskonstituierend und imaginär, fassen in Sprache und zeigen das Unaussprechliche, nicht zuletzt sind es Indikatoren für Herkunft, Gedächtnis, Identität und zugleich versehen mit dem Schatten ihrer dekonstruktivistischen Auflösung. Gerade diese Übergänge von Sprache zu Gesellschaft sind es, die die Lektüre so spannend machen. Vielleicht gelingt es ja, etwas von der Faszination, die Namen in Literatur und Leben ausüben, auf die Leser zu übertragen, nicht zuletzt, weil zahlreiche namhafte Autoren von Sterne bis Handke noch immer darauf warten, daß man dem Geheimnis ihrer Namen folgt. Am Schluß bleiben sie so rätselhaft wie die Literatur selbst: Wer bin ich?, lautet die Generalfrage – und die Namen halten sie im Gedächtnis. Die Autorin Iris Denneler ist Professorin für Neuere Deutsche Literatur in Dortmund. Sie veröffentlichte Monographien u.a. zu G. Trakl und zum 18. Jh. Herausgeberin populärer und wissenschaftlicher Literatur. Aufsätze zum 18., 19. und 20. Jh. Essays, Literaturkritiken und Features für Presse und Rundfunk.