Beschreibung
Die literarische Öffentlichkeit reagierte mit großem Interesse und Erstaunen, als im Jahr 1994 in der British Library in London, die seit über 150 Jahren verschollen geglaubten Philosophischen Vorlesungen für empfindsame Seelen des Dichters und Dramatikers Jakob Michael Reinhold Lenz wiederentdeckt wurden. Diese kleine moralphilosophische Abhandlung galt als eines der meistgesuchten Werke der Literatur der Goethe-Zeit und steht im Verbund mit anderen frühen Schriften dieses Autors im Zentrum der literaturgeschichtlich so bedeutsamen Sturm-und-Drang-Bewegung. In den noch deutlich durch pietistische Glaubensvorstellungen geprägten Reflexionen der Philosophischen Vorlesungen entwirft Lenz allerdings ein höchst ungewöhnliches Menschenbild: Für ihn wird die positive Erkenntniskraft des Individuums ganz wesentlich durch den Trieb, insbesondere durch den Geschlechtstrieb ermöglicht. Inwiefern diese so spannende wie für ihre Zeit ungewöhnliche Theorie in Übereinstimmung auch mit anderen Texten, insbesondere dem lyrischen Werk, des biographisch tragisch gescheiterten Autors steht, wird erstmals ausführlich in der vorliegenden Arbeit untersucht. Der Autor Johannes Schnurr, geb. 1967, studierte die Fächer Germanistik, Philosophie und Psychologie und promovierte über den Schriftsteller J.M.R. Lenz an der Universität Heidelberg. Er lebt dort gegenwärtig als freier Autor, 1999 erschien von ihm der Gedichtband ,Noch nicht das Meer?’