Beschreibung
In komparatistischer Perspektive nimmt die vorliegende Studie ein Spektrum neuzeitlicher lyrischer Dichtung in den Blick, das sich durch seinen Bezug auf kulturelle Traditionen prophetischen Sprechens auszeichnet. Ausgehend von den beiden für diese Auffassung von Dichtung maßgeblichen Traditionslinien des griechisch-antiken poeta vates und der alttestamentarischen Prophetie, werden in einer chronologisch gegliederten Folge von Einzelstudien paradigmatische Stationen der deutsch- und englischsprachigen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts (Klopstock, Hölderlin, Novalis, Blake, Shelley, Whitman) vorgestellt. Bereits die traditionsbildenden Modelle veranschaulichen, daß sich prophetisches Sprechen nicht nur als religiöses Offenbarungserlebnis und dessen sprachlicher Artikulation manifestiert, sondern zugleich autochthoner Reflex auf die spezifischen politischen, anthropologischen, historischen und kulturellen Gegebenheiten ist. Den prophetischen Diskurs gibt es folglich nicht. Zwar lassen sich gemeinsame Ursprünge, Erfahrungsstrukturen, Legitimitäts- und Wahrheitsansprüche, Intentionen, rhetorische und poetische Grundmuster etc. formulieren, doch werden diese ,Abstrakta’ keinesfalls dem jeweils individuellen Diskurs gerecht, der sich im vielschichtigen Spannungsfeld von Traditionsbezug und Selbstbehauptungsanspruch, Gesellschaft und Individuum, historisch-defizitärem Ist- und prophetisch artikuliertem Soll-Zustand jeweils neu gestaltet. Die Autorin Bernadette Malinowski studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Augsburg, wo sie sich 2001 mit der vorliegenden Arbeit promovierte. Sie ist als Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft tätig.