Beschreibung
Die präzedenzlose Zunahme des technischen Könnens und der durch sie ermöglichten exzessiven Nutzung alles Zugänglich-Gemachten geht einher mit einer Entfremdung des Menschen von der Natur, deren Teil er doch bleibt, mit einem Verlust an ethischem Orientierungswissen und mit einer zunehmenden Unfähigkeit, auf besonnene, nicht-resignative Weise jene Kontingenz zu akzeptieren, die mit der condition humaine gegeben ist. Hans Jonas’ Beitrag zum Verständnis dieser komplexen Situation und zum naturphilosophischen Aufweis einer Ethik vorausblickender Verantwortung für das Leben in seiner natürlich gewordenen Vielfalt ist Gegenstand vorliegender Studie. Eine zentrale Rolle spielt Jonas’ Versuch, in Abgrenzung zur expliziten Zwecksetzung durch den Menschen reale Zweckhaftigkeit als Eigenschaft aller Lebewesen und als Grundwert aufzuweisen. Seine philosophische Deutung von Naturphänomen erschließt auch ein neues Verständnis von ‚Sollen’ als einer auf die Idee des Ganzen bezogenen Reflexion der Erfahrung des Gefordertseins durch ein hilfebedürftiges Leben. Als schützenswertes Gut erweist sich in dieser Perspektive ‘das Leben’, in dessen “Stufenbau” Jonas zugleich eine Wertehierarchie angezeigt sieht. Die Einsicht in das nach Maximierung und Intensivierung von Zweckhaftigkeit differenzierbare Gut des Lebens soll Menschen, wenn sie seine Gefährdung durch ihr Tun erkennen, die Erweiterung ihres Verantwortungskonzeptes bis hin zur Bewahrung der Biosphäre als Pflicht erkennen lassen. Der Autor Frank Niggemeier, geb. 1961, studierte Philosophie, vergleichende Religionswissenschaft, Germanistik und Psychologie in Bonn. 1988 Magister Artium. Seit 1985 Engagement im Bereich gesundheitlicher Aufklärung, seit 1990 hauptberuflich im Bundesministerium für Gesundheit, seit September 2000 zum Auswärtigen Amt abgeordnet als Referatsleiter Gesundheit in der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der Europäischen Union. 2001 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Bonn mit vorliegender Arbeit.