Beschreibung
Nikolaus von Kues ist einer der faszinierendsten Persönlichkeiten im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Während seine theologischen und neuplatonischen Vorstellungen viel beachtet werden, gilt das weniger für seine naturphilosophischen Gedanken. Zwar hätte sich die Naturwissenschaft auch ohne Cusanus nicht viel anders entwickelt, und doch findet man in seinem Werk einige ganz wesentliche Voraussetzungen der Entstehung neuzeitlicher Wissenschaft gebündelt. Selbstbewusstsein: Wie Gott die Welt in Wirklichkeit, so schafft der Mensch sie in Gedanken. Beobachtung, Experiment und Mathematik sind zum Verständnis der Natur notwendig. Die biblische Überlieferung ist nicht wörtlich zu nehmen. Er propagierte ein fast unendliches Universum ohne Mittelpunkt und Begrenzung mit einer sich bewegenden Erde. Besonders bedeutsam im Hinblick auf Reichweite und Grenzen moderner Naturwissenschaft ist seine Theorie des »Wissens vom Nichtwissen«: Wissenschaft selbst ist geeignet, ihre eigenen Grenzen zu erkennen. Gierers Schrift würdigt neben dem Denken auch die Persönlichkeit des Cusanus und schließt mit einem Essay über die Beziehung von Naturwissenschaft und Religion in unserer Zeit.
Der Autor:
Alfred Gierer, emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, geboren 1929 in Berlin, studierte in Göttingen Physik und wechselte dann in die Biologie. Forschungsgebiete waren zunächst die Molekularbiologie, sodann die biologische Strukturbildung und die Gehirnentwicklung. Sein besonderes Interesse gilt naturphilosophischen Fragen, wie der Reichweite und den Grenzen naturwissenschaftlicher Erklärung und der Gehirn-Geist-Beziehung. Er ist Verfasser der Bücher Die Physik, das Leben und die Seele, Die gedachte Natur, Im Spiegel der Natur erkennen wir uns selbst – Wissenschaft und Menschenbild und Eriugena, al Kindi, Nikolaus von Kues.