Beschreibung
Von den großen deutschsprachigen Philosophen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts steht Nicolai Hartmann mit seinem erkenntnistheoretischen Realismus und seiner ontologischen Schichtenlehre dem Materialismus zweifellos am nächsten. Die vielleicht wichtigste Wirkung hat Hartmanns Philosophie auf Georg Lukács’ Spätwerk “Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins” ausgeübt. Als Fortsetzung dieser marxistischen Hartmann-Rezeption hat Wolfgang Harich seine eigene Hartmann-Auseinandersetzung verstanden. Während er in dem Buch “Nicolai Hartmann. Leben, Werk, Wirkung” die Entwicklung von Leben und Denken Hartmanns darstellte, untersucht er in dem vorliegenden, in Dialogform verfassten Werk, die Stellung von Hartmanns Philosophie im Kontext der zeitgenössischen Strömungen des Neukantianismus, des kritischen Realismus (Külpe), der Phänomenologie und der Existenzphilosophie. Besonderes Augenmerk richtet er dabei auf Hartmanns Verhältnis zu Heidegger und Lukács. Das systematische Ziel Harichs besteht darin, die von Lukács begonnene “marxistische Selbstverständigung” über Hartmann fortzuführen und für die Weiterentwicklung des Marxismus auszuwerten. Der Autor Wolfgang Harich, geb. 1923, war in den 50er Jahren die große philosophische Nachwuchshoffnung der DDR, bevor er 1957 er wegen Bildung einer “konspirativen, staatsfeindlichen Gruppe” zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Auch nach seiner Entlassung blieb Harich überzeugter Marxist und Kommunist. Aufsehen erregte er mit seinem Buch “Kommunismus ohne Wachstum” (1975) und seiner scharfen Nietzsche-Kritik, wie sie in dem Buch “Nietzsche und seine Brüder” (1994) enthalten ist. Harich starb im März 1995 infolge eines Herzinfarkts. Aus dem Nachlass erschien bei K&N “Nicolai Hartmann. Leben, Werk, Wirkung” (2000). Der Herausgeber Martin Morgenstern, Tätigkeit als Lehrbeauftragter für Philosophie an der Universität des Saarlandes, hat unter anderem zwei Monographien über Nicolai Hartmann veröffentlicht und ist Herausgeber von Wolfgang Harichs “Nicolai Hartmann. Leben, Werk, Wirkung” (K&N 2000).