Beschreibung
Das Schreiben zu beschreiben ist seit Jahrhunderten fester Bestandteil der auktorialen abendländischen Selbstreflexion. Zur metaphorischen Umschreibung dieses komplexen inneren Vorgangs musste häufig das im wahrsten Sinne des Wortes Naheliegendste – der Körper – herhalten. Seit dem späten 18. Jahrhundert lässt sich in diesem Zusammenhang eine auffällige Häufung von Geburts- und Stillmetaphern feststellen: Muttersprache wird vom werdenden Dichter an der Brust der alphabetisierten bürgerlichen Mutter eingesaugt, später dann scheidet eben dieser Dichter in einem gebärähnlichen Vorgang kindliche Textkörper aus. Die Untersuchung “Eingesaugt & Rausgepresst”, die sowohl kulturwissenschaftliche und gendertheoretische Debatten der letzten Jahre als auch poststrukturalistische Positionen und Ansätze des New Rhetoricism aufgreift, um die vieldiskutierte Trope ‚Metapher’ grundsätzlich neu zu verorten, geht anhand zahlreicher literarischer Einzeltexte von Johann Gottfried Herder bis Botho Strauß dem Einsatz geschlechtsspezifischer Körpermetaphern bei der Beschreibung des Spracherwerbs und des literarischen Schreibvorgangs nach. Die Untersuchung begnügt sich dabei nicht mit der Feststellung des konventionalisierten Metaphernkomplexes, sondern hinterfragt, welche dekonstruktiven Folgen die rhetorische Aneignung vor allem weiblicher Körperfunktionen für die Geschlechtsidentität des/der Schreibenden und die Geschlechterkonstellationen innerhalb der Texte hat. Die Autorin Astrid Herbold, geb. 1973, Studium der Germanistik und Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum, 2002 Promotion an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.