Beschreibung
In einem Brief an Ernst von Pfuel hat Kleist einmal von der “Finesse, die den Dichter ausmacht” gesagt, sie kennzeichne denjenigen, der “auch das sagen” kann, “was er nicht sagt.” In seinem eigenen Werk hat Kleist so manches gesagt, was er nicht sagt. Er hat es verschlossen mit hermetischem Schlüssel. Es zeigt sich, daß dieser Schlüssel in seinen Werken jeweils im Kontext der Schuldproblematik versteckt ist. In der vorliegenden Studie wird die hermetische Grundstruktur des Kleistschen Werkes freigelegt. Wie Goethe im Faust und in Wilhelm Meisters Wanderjahre, so rekurriert Kleist auf die uralte hermetische Tradition der Alchemie – eine Alchemie, die nicht unbedingt ein Labor benötigt. Während die exoterische Oberfläche seiner Erzählungen an Denk- und Gefühlsgewohnheiten der Moderne appelliert, zeigt die hermetische Dekodierung, daß Kleist mit historischem Scharfblick und frappierender Einsicht in die Anthropologie des Schuldbegriffs scharfe Kritik an der Moderne übt. Bekräftigt werden die Ergebnisse der Analyse durch zahlreiche Bildfunde aus der hermetischen Tradition sowie durch etwa zwei Dutzend neuentdeckte Textquellen. Der Autor Diethelm Brüggemann, 1967 promoviert bei Ludwig Erich Schmitt in Marburg, im selben Jahr berufen auf die germanistische Professur an der National University of Ireland in Dublin, später (1984 – 1988) in gleicher Funktion an der University of the Witwatersrand, Johannesburg (S.A.), hat sich in seinen Publikationen zunehmend mit Fragen der hermetischen Tradition befaßt. Zuletzt dazu: Makarie und Mercurius. Goethes ‘Wilhelm Meisters Wanderjahre’ als hermetischer Roman (1999) sowie “Alchemie ohne Labor. Aufschlüsselung des Kryptogramms in Rembrandts Radierung ‘Sogenannter Faust'”, in: Jahrbuch der Berliner Museen 43 (2001).