Beschreibung
Untersucht werden Wechselwirkungen zwischen erdichteten Gärten und Architekturen und der Theorie und Praxis unzuverlässigen Erzählens von 1709 bis 1822. Gärten und Architekturen organisieren den Raum der Erzählung in je eigener Weise im Verhältnis zur Figur des beobachtenden Erzählers, die durch diese Differenz in den Bedingtheiten ihrer Wahrnehmungen beobachtbar wird. Von den moralischen Wochenschriften der Frühaufklärung an wird verfolgt, wie Literatur mit diesen chronotopoi Reflexionsmodelle für identitätsrelevante Fragen (z.B. was Gedächtnis und Erinnerung sei) auszuarbeiten sucht, die eine Distanzierung von den oftmals vorschnellen Antworten der sich allmählich für den Menschen zuständig erklärenden Fachwissenschaften (z.B. der Psycho- und der Gerichtsmedizin) erlauben. Die narratologischen Modelle, die in textnahen Einzelinterpretationen von Romanen und Erzähltexten (u.a. Musäus, Wieland, Hippel, Grosse, Tieck, Arnim, Hoffmann) analysiert und kontextualisiert werden, können mithin gerade aufgrund ihrer Interdependenz mit kulturtheoretisch zu beschreibenden Ordnungen des Wissens als spezifischer Beitrag der Literatur zum Projekt des Menschen verstanden werden. Zentrale Erzählexperimente der “Romantik” stellen sich als Fortsetzung von Impulsen der Frühaufklärung unter den neuen Bedingungen einer sich institutionalisierenden und dispers werdenden Macht heraus. Der Autor Harald Tausch, geb. 1965. Studium der Germanistik und Geschichte. 1996 Promotion in Würzburg. 1997-2002 Mitarb. am SFB Erinnerungskulturen in Gießen. Habilstipendiat der SfR.