Beschreibung
In dieser Studie wird die femme fragile nicht als „imaginierte“, sondern als „imaginierende Weiblichkeit“ betrachtet, die im Gegensatz zur femme fragile im Rahmen der anbrechenden Moderne in Literatur und Bildender Kunst zu einer gefährdeten Ikone jener Idealität wird, die in der neuen positivistisch-bürgerlichen Ära unausweislich dem Untergang geweiht zu sein scheint. Es zeigt sich, daß die Problematik der „Zerbrechlichkeit“ nicht auf die weiblichen Figuren beschränkt ist; sie hängt vielmehr mit einem regressionsfreien Identitätsentwurf zusammen, in dem ästhetische Moderne und soziologischer Antimodernismus eine fruchtbare Synthese eingehen. Die femme fragile, als Produkt männlicher Imagination geboren, imaginiert zurück, entgeht dem ihr vermeintlich inhärenten Opferschicksal und wird selbst zur Künstlerin, die als moderne Nachfahrin der unergründlichen Mona Lisa das Signum jener diskursiv nicht restlos erschließbaren Idealität in sich trägt, die sich als Gegenentwurf zu Positivismus und Nützlichkeitskult konstituiert. Die Autorin Michela Cessari, geb. in Pisa, studierte Germanistik und Romanistik in Pisa, Freiburg i.Br. und Frankfurt a. M. Promotion 1995. Lehraufträge im Fachbereich Germanistik in Frankfurt, Eichstätt und Berlin. Zahlreiche Beiträge in Literaturzeitschriften. Sie lebt als freie Schriftstellerin in Berlin.