Beschreibung
“Was einem einfällt, wenn man eingenickt/ Mit halbgeschloßnen Augen abends sitzt, / Nicht völlig wacht, noch völlig schläft und träumt!/(…) So kommen Bilder, Bilder gehen, verschwimmen,/ Und alles ist vertraut und fremd und hübsch;/ Nicht völlig Wachen und nicht ganz im Traum”, schreibt Hugo von Hofmannsthal 1893. Eine merkwürdige Faszination geht aus von diesen Halbschlafbildern, die den Grübeleien und Visionen beim Anstarren von Tapeten, Mauern, Wolken verwandt sind. Das gedankenverlorene Sehen von inneren Bildern, flüchtig, aber von unsäglicher Prägnanz und Evidenz, wird zu einer Ästhetik der Imagination von Aristoteles bis Proust, von Goethe, Edgar Allen Poe bis Kafka. Es geht dabei nicht nur um die Bilder selbst, sondern auch und vor allem und immer wieder um das Sprechen darüber: Wie kann Literatur das Unsagbare, aber Einleuchtende, als einen Grenzfall der Sprache, als ein Ausdruckspotential, das über jede Ausdruckskonvention hinausgeht, sich aneignen? Dieser Band versammelt Studien zu zwei Jahrhundertwenden, an denen diese sogenannten hypnagogen Bilder besonders intensiv diskutiert und gestaltet wurden: die um 1800 und die um 1900. Sie behandeln Autoren wie Goethe, Jean Paul, Tieck, E. T. A. Hoffmann, Hugo von Hofmannsthal, Musil. Sie untersuchen auch die Schnittstellen von Literatur, Philosophie, Wahrnehmungspsychologie etc; denn die Halbschlafbilder werden unter verschiedenen Perspektiven virulent und sind ein roter Faden, der sich durch die verschiedenen Diskurse des Imaginativen zieht. Die Autoren Helmut Pfotenhauer ist seit 1987 Lehrstuhlinhaber für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Würzburg. Er hat Bücher geschrieben u. a. über Benjamin, Nietzsche, Literarische Anthropologie, Klassik und Klassizismus um 1800, Sprachbilder in der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, dazu zahlreiche Aufsätze zur Literatur, Ästhetik und den Wissenschaften. Sabine Schneider ist seit 2005 Lehrstuhlinhaberin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Zürich. Sie habilitierte sich 2004 in Würzburg mit einem Buch über die Verheißung der Bilder für die Literatur um 1900.