Beschreibung
Was kann dem Mystiker, der mit der unio mystica ein rein geistiges Ziel anstrebt, der menschliche Körper sein? Zur Beantwortung dieser Frage forscht vorliegende Arbeit nach dem in Seuses Schriften auszumachenden Zusammenhang zwischen dem Körper und dem Einüben innerer Gelassenheit, einer inneren christförmigen Leidenshaltung, in welcher das Leiden als Gotterleiden zu einer freud- und lustvollen Einigungserfahrung werden kann.Die Arbeit umfaßt drei Teile, welche Seuses Verständnis der Beziehung von Innerlichkeit und Körper aus verschiedenen Perspektiven sichtbar zu machen versuchen: erstens aus den Gestalten des leidenden Christus und der Gottesmutter Maria, zweitens aus der Herzperspektive als dem Ort der Gottesbegegnung und drittens aus der Einübung in die Vollkommenheit. Anhand ausführlicher Textbelege samt Übersetzung wird deskriptiv entwickelt, daß die Überzeugung von einer unzerstörbaren leibseelischen Einheit Ausgangspunkt für eine Lehre bietet, nach welcher geistliches Fortschreiten bei dem als Zeichenträger zu begreifenden Körper ansetzt. Nebenbei zeigt ein punktuell durchgeführter Vergleich zwischen dem ‚Büchlein der ewigen Weisheit’ und dem ‚Horologium Sapientiae’, daß die Bücher für zwei Zielpublika verfaßt worden sind, die Seuse sich nicht nur in bezug auf ihren Bildungshintergrund, sondern auch hinsichtlich des Geschlechts verschieden dachte. Die Autorin Sandra Fenten, geb. 1970 in Berlin, studierte Germanistik, Latein und Kirchengeschichte in Zürich. Seit 2003 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Zürich. 2004 promovierte sie mit vorliegender Arbeit bei Prof. Alois M. Haas.