Beschreibung
Seit Jahrhunderten hat die Epilepsie als Sinnbild des Unerhörten und Rätselhaften gegolten. Nachhaltig fordert sie, in den Alltag unübersehbar eindringend, Aufmerksamkeit. Dem Siegeszug moderner Naturwissenschaften folgte im vergangenen Jahrhundert ein Gesundheitsbegriff, der in Krankheit nicht die unverzichtbare Schattenseite des Lebens sieht, sondern sie zunehmend als abnormen Sonderfall versteht. Infolgedessen wird die Epilepsie in der Literatur von einer Übertretung zum grundsätzlich Anderen, das sich dem allseits angestrebten Fortgang der Zivilisation hoffnungslos stürzend entzieht. Die Fallsüchtigen besetzen zwischen Isolation und vermeintlicher Auserwähltheit eine ambivalente Position und verkörpern das ein sinnorientiertes Dasein unterwandernde unausweichliche Verfallsdatums des Lebens. Die Verbindung von umfassender Vereinzelung mit der Abwesenheit jeglichen Sinnzusammenhangs macht die Epilepsie dabei zu einer kongenialen Metapher für die Herausforderungen des Jahrhunderts. Diese neuen Fallsüchtigen sind von sich unerhört Gebärdenden zu Personen in Auflösung geworden. Einer aus den Fugen geratenen, richtunglosen Zeit stellen sie ihre Instabilität, die Erfahrung fragiler, relativer Statik gegenüber. Die Autorin Steffi Ehlebracht studierte Germanistik und promovierte mit der vorliegenden Arbeit an der Freien Universität Berlin. Sie arbeitet als selbständige Homöopathin.