Beschreibung
Während Euripides die Opfergeschichte der Tochter des griechischen Heerführers Agamemnon in seiner Tragödie ›Iphigenie in Aulis‹ (ca. 405 v. Chr.) zum Thema machte, betont Goethe mit seinem Schauspiel ›Iphigenie auf Tauris‹ (1787) den humanitätsfördernden Auftrag der Griechin gegenüber den Barbaren. Vor dem Hintergrund von Iphigenies Opferung in Aulis, die allein erfolgt, um das Auslaufen der Kriegsflotte gen Troja zu ermöglichen, eröffnet sich hinsichtlich ihrer Entrückung nach Tauris und ihres jahrelangen Opferdienstes ein anderer Blick. Denn die vormals zum Opfer Bestimmte ist ihrer traumatischen Vergangenheit tief verhaftet. Überblick zur Werk- und Aufführungsgeschichte: Der Mythos und seine Bearbeitungen: Euripides / Goethe – O. Gutjahr: Iphigenie: Aulis – Tauris. Das Doppeldrama der Kriegsbraut – H.-Th. Lehmann: Tragödie am Rand. Mythos und Politik bei Euripides – B. von Blomberg: Die Neuerfindung der Iphigenie-Figur? – Diskussion: »Ein Opfer, durch das alle Probleme gelöst scheinen« – A. Geisenhanslüke: Geständnistiere. Zur Genese der Aufrichtigkeit in Goethes ›Iphigenie auf Tauris‹ – L. Ekelund / S. Hermes: Gerettete Königskinder. Orest, der Wahn und die Schwester(n) bei Goethe und Euripides – W. Frick: »Ich habe nichts als Worte«. Von den Reden der Macht und der Macht der Rede bei Euripides und Goethe – Diskussion: »Die Idee aufgeben, dass Aufrichtigkeit und Verstellung Gegensätze sind« – Diskussion mit N. Stemann »Dieses Gleichgewicht zwischen dem Trauma und der Schönheit der Sprache« Die Herausgeberin Ortrud Gutjahr ist Professorin für Neuere deutsche Literatur und Interkulturelle Literaturwissenschaft an der Universität Hamburg.