Beschreibung
Die Studie befasst sich mit literarischen Repräsentationen der genozidalen Kriege, die das kaiserliche Militär ab dem Jahr 1904 in ,Deutsch-Südwestafrika‘ gegen die Herero und Nama führte, und lotet erstmals das Verhältnis aus, in dem die während der Kolonialzeit publizierten Texte zu jenen Romanen stehen, die erst nach dem Verlust des ,Schutzgebiets‘ verfasst wurden. Unter Berücksichtigung von Autoren wie Gustav Frenssen, Franz Jung, Hans Grimm, Uwe Timm und Gerhard Seyfried (sowie Thomas Pynchon) erschließt sie ein breites Spektrum narrativer Strategien der Rechtfertigung wie auch der Kritik kolonialer Macht- und Gewaltausübung. Die Untersuchung zeigt zudem, in welcher Weise die literarischen Inszenierungen der historischen Ereignisse an zentralen Diskursen ihrer jeweiligen Entstehungszeit teilhaben, und weist nach, dass die Texte entgegen einer verbreiteten Annahme keine starren Dichotomien zwischen den Figuren der ,Schwarzen‘ und denen der ,Weißen‘ entwerfen, sondern inhaltlich wie formal von Hybridisierungen und Grenzüberschreitungen geprägt sind. Was dadurch offenbar wird, ist der – teils gefürchtete, teils ersehnte – Zusammenbruch der kolonialen Ordnung. Der Autor Stefan Hermes ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Lehr- und Forschungsschwerpunkt Neuere deutsche Literatur und Interkulturelle Literaturwissenschaft an der Universität Hamburg.