Beschreibung
In der Zusammenarbeit von Peter Matussek mit seinem 2003 verstorbenen Onkel, Prof. Dr. med. et phil. Paul Matussek sind diverse Studien über Künstler, Philosophen und Figuren der Zeitgeschichte entstanden, die sich durch deutliche Wahntendenzen auszeichneten, aber nicht in der Klinik endeten, weil sie aufgrund besonderer Begabungen öffentliche Anerkennung fanden: An den Lebensgeschichten von Franz Grillparzer, Camille Claudel, C. G. Jung, Martin Heidegger, Adolf Hitler, Glenn Gould und Axel Springer konnten wir zeigen, wie es zur Überbetonung von öffentlichen oder privaten Selbstaspekten kommt und infolgedessen zur Ausbildung von Merkmalen schizophrener oder depressiver Psychosen. Die Befunde sind weit über den Rahmen psychiatrischer Forschung hinaus von Interesse, da sie das Wechselspiel von individuellen und gesellschaftlichen Faktoren bei wahnhaften Entwicklungen aufzeigen. Sie erhalten eine besondere Aktualität durch die starken Veränderungen, die das öffentliche und private Leben in Zeiten des Internets erfahren und damit die Wahrscheinlichkeit entsprechender Biographien erhöhen. Diese finden ihre extreme Ausprägung in den jugendlichen Amokläufern unserer Tage, die den Mangel öffentlicher Anerkennung durch den Aufbau einer grandiosen Netzidentität kompensieren, die so unauslöschlich ist, dass sie irgendwann ihre Beglaubigung durch Gewalttaten erzwingt. Der Autor
Peter Matussek ist seit dem Wintersemester 2008 Professor für Medienästhetik an der Universität Siegen. Vorher lehrte er Geschichte und Theorie der Schrift und die Praxis des Schreibens an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.