Beschreibung
Wer sich mit dem Corpus Aristotelicum beschäftigt, profitiert einerseits von einer Fülle von Interpretationsvorschlägen einer langen Tradition, andererseits hält ihn diese in den Grundlinien einer Interpretation gefangen, die in der Spätantike und im Mittelalter festgelegt worden sind. Wenn es aber gelingt, den Blick aus der Fixierung auf die Substanzmetaphysik zu lösen, dann kann die aristotelische Spekulation über das Sein sichtbar werden. Dieser gemäss heisst sein, dass in einem einzelnen Gewahren gleichsam ein einzelner Punkt im Geflecht der Grundmeinungen einer Welt wirklich, wahr und seiend wird, indem er bemerkt wird. In zwei Beispielen (Metaphysik und Nikomachische Ethik) wird die Wirkung dieser Spekulation bei Aristoteles als Hintergrund konkreter Fragen nachgewiesen. Und hier wird die Relevanz dieser Spekulation für uns heute sichtbar. Wir können lernen, dass die Reflexion auf die Grundmeinungen unserer Welt möglich und notwendig ist; wir können die Einsicht gewinnen, dass die Unterschiedlichkeit der Welten respektiert werden muss – eine Einsicht mit politischen Folgen; und wir lernen hier einen Denkstil kennen, der dem sonst üblichen Behaupten überlegen ist. Der Autor Nach dem Studium der Alten Sprachen und der Philosophie unterrichtete Erwin Sonderegger (1942) von 1970 bis 2004 an der Kantonsschule Freudenberg in Zürich. 1993 habilitierte er sich an der Universität Zürich für Geschichte der Philosophie. 2000 erfolgte die Ernennung zum Titularprofessor, bis 2007 lehrte er dort als Privatdozent.