Beschreibung
Die Grundopposition von Poesie und Prosa, der schon Platon nachspürt, wurde in der nachstrukturalistischen Gattungsdiskussion oft vernachlässigt. Dabei verdient gerade jene Schaltstelle besondere Aufmerksamkeit, an der sich entscheidet, auf welche Weise Welten konstruiert, Traditionen verarbeitet und Erfahrungen gestaltet werden. Sucht man nach einem literarischen Ort, an dem sich das Wechselspiel der Opponenten besonders plastisch beobachten lässt, so stößt man auf den prosimetrischen Roman: auf Texte, in denen die beiden elementaren Gattungen wie im Reagenzglas aufeinander treffen, sich sondern und mischen, bekämpfen und umwerben, konturieren und definieren. Es werden fünf paradigmatische Möglichkeiten der klassischen europäischen Romanliteratur, gebundene und ungebundene Sprache zu kombinieren und zu reflektieren, vorgestellt: Heliodors Aithiopika, Petronius’ Satyricon, Sannazaros Arcadia (mit Seitenblicken auf Sidneys The Lady of Pembroke’s Arcadia, Montemayors Diana und Cervantes’ Don Quijote) sowie Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre, ein Text, in dem die wichtigsten Tendenzen, Prosa und Poesie zu verknüpfen, noch einmal beispielhaft zum Ausdruck kommen. Der Autor Ulrich Johannes Beil arbeitet nach Promotion und Habilitation in deutscher und vergleichender Literaturwissenschaft am Forschungsschwerpunkt Mediality der Universität Zürich.