Beschreibung
„Zusammengehaltener Zerfall“ – eine von Hofmannsthal im Kontext eines Traumberichts geprägte Begriffl ichkeit – bezeichnet die Dynamik der Multiplen Persönlichkeit, jenes Identitätsmodells, das durch die vorliegende Untersuchung als Hofmannsthals Ideal einer literarisch produktiven Daseinsform identifiziert wird. Die Studie spürt Hofmannsthals lebenslanger Auseinandersetzung mit den Versprechungen und Grenzen dieses Produktionsmodells nach, indem sie zum einen dessen exzessive Rezeption der zeitgenössischen Diskurse zum Thema dokumentiert, die Erzählungen aus Spiritismus, Para- und Experimentalpsychologie umfaßt und Hofmannsthals Interesse für heute vergessenes Wissen offenlegt. Auf Seiten der Textproduktion konzentriert sie sich auf Briefe, literarische Miniaturen wie Prosagedichte sowie nachgelassene Notizen und Entwürfe, anhand derer sie nachweist, wie gerade unfertige, vorläufige Texte als Experimentalanordnungen zu werten sind, die auf inhaltlicher wie formaler Ebene ihre Genese aus psychischen Ausnahmezuständen dokumentieren. Im Zentrum stehen hierbei die Fragmente zum Andreas-Roman, die durch genaueste Lektüren und die Präsentation eines neuen Editionsmodells von dem noch immer vorherrschenden Urteil des Scheiterns an der Gattung Roman befreit werden. Die Autorin Sabine Straub studierte Germanistik und Anglistik und wurde mit der vorliegenden Untersuchung an der Philosophischen Fakultät der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg promoviert. Sie ist Mitarbeiterin an der dort beheimateten Arbeitsstelle der Jean-Paul-Edition.