Beschreibung
Ausgehend vom Forschungsdefizit zu weiblicher Schriftlichkeit im Spätmittelalter untersucht diese Arbeit Frauentestamente aus Lüneburg, Hamburg und Wien des 14. und 15. Jahrhunderts als nichtliterarische Alltagsschriften von Frauen im Entstehungskontext der spätmittelalterlichen Stadt. Die Verfasserin nähert sich den Vermächtnistexten mit kultur- und literaturwissenschaftlichen Fragestellungen, überprüft sie auf Aspekte der Selbstreferentialität und untersucht sie hinsichtlich ihrer Funktion als soziale Kommunikation und als Äußerungen von Frauen. Die Textanalysen, die sowohl die Errichtungs-, Überlieferungs- und Kommunikationsbedingungen der Vermächtnistexte als auch deren Gestaltungsmerkmale und Argumentationsstrategien besonders in den Blick nehmen, bestätigen die aktive Beteiligung der Frauen bei der Entstehung der Testamente und zeigen deren Bedeutung als Willenserklärung und Selbstdarstellung. Gemäß der neuen Selbstzeugnisforschung werden die analysierten Gebrauchstexte schließlich als soziale und kulturelle Praxis, als Medium der sozialen Kommunikation und als Artikulationszeugnisse weiblicher Stimmen gedeutet, die heute Rückschlüsse auf weibliches Selbstverständnis zulassen.
Die Autorin Kathrin Pajcic studierte Germanistik, Geschichte und Mathematik. Sie arbeitete als wissenschaftliche Assistentin im Fachbereich Germanistische Mediävistik der Universität Mannheim und promovierte mit dieser Arbeit 2011 an der dortigen Philosophischen Fakultät.