Beschreibung
Rezeptionskulturen, als diachron wie synchron ausgerichtete Differenzverarbeitungssysteme, bestimmen den Grenzverkehr zwischen verschiedenen Epochen und Kulturräumen. In ihren verschiedenen historischen Ausprägungen zwischen spätantikem Synkretismus und Postmoderne sowie ihren Niveaudifferenzen zwischen Populärkultur und elitärem Anspruch sind sie vielgestaltig und komplex. Immer aber sind sie verantwortlich für die produktive Aneignung, die mediale Erzeugnisse gegenüber vergangenen und fremden Kulturen wie der Antike, dem Mittelalter, der Renaissance und anderen Kulturräumen (islamische Welt, Asien, Südsee) vornehmen. Sie verlangen ein eigenes Interesse, das die Reihe Rezeptionskulturen bündeln will. Die Reihe versammelt Monographien und Sammelbände aus dem Bereich der Literatur- und der Medienwissenschaft. Publikationssprachen sind Deutsch und Englisch.
Herausgebergremium: Mathias Herweg (Karlsruher Institut für Technologie), Stefan Keppler-Tasaki (The University of Tokyo), Cordula Lemke (Freie Universität Berlin), Claudia Wiener (Ludwig-Maximilians-Universität München)
Wissenschaftlicher Beirat: Italo M. Battafarano (Università di Trento), Bettina Bildhauer (University of St. Andrews), Andreas Böhn (Karlsruher Institut für Technologie), Nathanael Busch (Philipps-Universität Marburg), Michael Dallapiazza (Università degli Studi di Urbino), Cora Dietl (Justus-Liebig-Universität Gießen), Norbert Franz (Universität Potsdam), Susanne Friede (Universität Göttingen), Fabienne Liptay (Ludwig-Maximilians-Universität München), Marie-Sophie Masse (Université de Picardie Jules Verne), Petra McGillen (Dartmouth College), Andrea Schindler (Otto-Friedrich-Universität Bamberg), Robert Schöller (Universität Bern)
Die vorliegende Studie widmet sich dem Verhältnis von moderner Kunstanbetung und traditionellem Katholizismus in drei Romanen des französischen Fin de Siècle: Joris-Karl Huysmans‘ A Rebours (1884), Emile Zolas L’Œuvre (1886) und Georges Rodenbachs Bruges-la-Morte (1892). Sie geht von der Beobachtung aus, dass die in den Texten geschilderte Anbetung als Rückgriff auf die Praxis des katholischen Bilderkults gelesen werden kann, der hier jedoch eine tiefgreifende Veränderung erfährt. Denn in seinem Zentrum stehen nicht mehr die heiligen Personen der katholischen Kirche, sondern verführerisch-fatale Frauengestalten, die mit ihren Reizen die Kunst selbst, das ästhetische Ideal des Betrachters, verkörpern. Der Bilderkult erscheint damit als Versuch einer Resakralisierung von Kunst, der von den Autoren exemplarisch vorgeführt, zuletzt aber auch als geradezu wahnhafter Götzendienst verurteilt wird. Zugleich dient er Huysmans, Zola und Rodenbach zur Reflektion ihrer poetologischen und ästhetischen Positionen, die vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Debatte zwischen Naturalismus, Ästhetizismus und Symbolismus verhandelt werden.
Die Autorin Heidrun Schnitzler studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Berlin, Granada und Paris. 2013 promovierte sie mit der vorliegenden Arbeit an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule der Freien Universität Berlin.