Beschreibung
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit Konzepten, Schreibstrategien und raumsemantischen Aspekten der Liebes- und Eheverweigerung in der romanischen Literatur des ausgehenden 16. und des 17. Jahrhunderts. Das Interesse gilt dabei Formen der EntSagung, die – im Gegensatz zu religiöser Askese und der späteren bürgerlichen Selbstentsagung – weltlich motiviert sind und gerade nicht auf die Verneinung, sondern auf die Entfaltung des Ich und auf Weltgestaltung abzielen. Solche EntSagungskonzepte finden sich in literarischen und philosophischen Texten so unterschiedlicher Autorinnen wie Zayas, Scudéry, Lafayette, Fonte, Gournay, Suchon und Montpensier. Sie alle haben den literarischen Topos der häufig als grausam oder prüde, mal als schön oder hässlich beschriebenen Liebes- und Eheverweigerin grundlegend umgeschrieben und damit wesentlich zur Reflexion der überlieferten Selbst- und Beziehungsverhältnisse sowie der gefühlskulturellen Muster beigetragen. Insgesamt deckt die Untersuchung nicht nur eine erstaunliche Vielfalt an Lebens- und Selbstentwürfen jenseits der weiblichen Pflicht zur Liebe und Ehe auf. Gezeigt wird darüber hinaus, dass die frühneuzeitlichen EntSagungstexte durch die Transformation tradierter Topoi einen fundamentalen Beitrag für die Ausformulierung einer neuen, bereits in die Moderne verweisenden Gefühls- und Geschlechterkultur leisten.
Die Autorin Margot Brink ist Privatdozentin für romanische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungsschwerpunkte: frankophone Literaturen und Kulturen der Frühen Neuzeit, Moderne und Gegenwart im europäischen und postkolonialen Kontext, Konzepte von Gemeinschaft, Beziehungen zwischen Literatur und Philosophie, Subjektivität und Moderne, Gender Studies, Emotionsforschung.