Beschreibung
Schopenhauer bekundet nicht nur in expliziten Äußerungen die zentrale Bedeutung der lateinischen Upanischaden-Übersetzung ,Oupnek’hat’ für seine Philosophie, er dokumentiert sein besonderes Interesse daran auch in zahlreichen Randnotizen und Hervorhebungen. So präsentiert sein persönliches Exemplar des ,Oupnek’hat’ – ab 1814 zeitlebens in Schopenhauers Besitz – eine interessante Fundgrube möglicher Inspirationsquellen, deren Erforschung jedoch noch am Anfang steht. Indem sich diese Untersuchung auf ein umfassendes Verständnis von Schopenhauers vielschichtigem Erkenntnisbegriff konzentriert, werden jene Quellen schwerpunktmäßig im Kontext einer (gegenüber der rationalen Erkenntnis nach dem Satz vom Grund) veränderten Erkenntnisweise herangezogen. Erscheint eine ganzheitliche Wesenserkenntnis auch kontradiktorisch zu Schopenhauers transzendentalphilosophischem Ansatz, so kreiert der Autor des ,Oupnek’hat’, Anquetil Duperron, mit seinem kantischen „indicus conceptus“ (Kap. ,De Kantismo’) des Selbstbewusstseins doch ein denkbares Verbindungsglied. Schopenhauers handschriftliche Akzentuierungen spiegeln insgesamt signifi kant eine Affinität zur grundlegenden Bedeutung upanischadischer begierdefreier Erkenntnis im Sinne eines praktikablen Läuterungsprozesses des Bewusstseins – dem erkennenden Subjekt kommt auch in einer willensregierten Welt mehr Macht zu, als es vordergründig scheint.
Die Autorin:
Martina Kurbel hat Philosophie, Indologie und Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert; dort erfolgte 2014 auch ihre Promotion mit der vorliegenden Arbeit.