Beschreibung
Im 6. Band seiner Münsterlinger Kolloquien setzt Roland Kuhn seine erprobte Lektüre wichtiger Grundlagenarbeiten für die psychiatrische Aus- und Weiterbildung fort. Zum einen bilden bahnbrechende Arbeiten Ludwig Binswangers zur Psychotherapie, vertieft durch Wilhelm Szilasis Erfahrungsgrundlage der Daseinsanalyse Binswangers und den Beziehungen zwischen Philosophie und Naturwissenschaft, den Fokus einer entschleunigten Aufmerksamkeit, zum anderen Arbeiten zum anthropologischen Horizont einer menschenzugewandten Psychiatrie von Wolfgang Blankenburg, Jakob Wyrsch und Roland Kuhn selbst. Eine weitere Gruppe befasst sich mit Arbeiten, die zum Bildungshorizont eines jeden Psychiaters, aber auch interessierten Pflegepersonals und Laien gehören sollten, so ein Kommentar zu Georg Simmels Abenteuer und Hans-Georg Gadamers Apologie der Heilkunst.
Ein ganz anderes Arbeitsgebiet Kuhns, die molekularen Abläufe in der Depression zu untersuchen, stellt Heinrich G. Müldner abschließend vor. Diese Auswertung in Verbindung mit den erhobenen psychopathologischen Befunden deuten auf Prozesse hin, die nicht mehr mit der deterministischen Beschreibung der klassischen Physik zu erklären, sondern eher mit dem Phänomen der Selbstorganisation und Irreversibilität (im Sinne Prigogines) vereinbar sind. Kuhns Methode kann auch zur Frage beitragen, ob und wie andere Antidepressiva den adrenergischen Ablauf steuern, um dem wachsenden Ausmaß der Depression besser begegnen zu können.
Aus dem Inhalt:
L. Binswanger: Daseinsanalyse und Psychotherapie I und II / Über den Satz von Hofmannsthal: Was Geist ist, erfasst nur der Bedrängte – W. Szilasi / R. Kuhn: Aufnahme und Kritik des Werkes von Ludwig Binswanger im Hinblick auf seine Weiterentwicklung – R. Kuhn: Über Angst – W. Blankenburg: Was heisst anthropologische Psychiatrie? – G. Simmel: Das Abenteuer – J. Wyrsch: Über die Intuition bei der Erkennung des Schizophrenen / Über den affektiven Rapport mit Schizophrenen / Über Glück und Unheil in der Namengebung in der Psychiatrie – H.-G. Gadamer: Apologie der Heilkunst
Der Autor:
Roland Kuhn (1912–2005) gelang 1958 dank phänomenologisch-daseinsanalytischer Methode die Entdeckung des ersten spezifischen Antidepressivums (Imipramin). Er hinterlässst ein umfangreiches wissenschaftliches Werk.