Beschreibung
Das Werk des deutschen Humoristen Vicco von Bülow alias Loriot (1923 – 2011) zeichnet sich durch minutiös komponierte Vielschichtigkeit aus, die immer wieder als gewitzt erkannt und gelobt wird – mit einer Ausnahme: „Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen.“ Sobald es um Loriots Darstellung von Geschlechterbildern geht, ist die Stellungnahme zu möglicher Doppeldeutigkeit bisher vernichtend eindeutig, auch von akademischer Seite. So wird ausgerechnet sein wohl bekanntestes Zitat regelmäßig als heteronormative Affi rmation eines unversöhnlichen Zweilagerkampfes der Geschlechter gelesen. Oft wird es sogar, herausgelöst aus seinem Sketchkontext, zum Mantra Loriot’scher Arbeits- und Lebensphilosophie verklärt. Warum eigentlich? Dieses Buch analysiert die „Ehegespräche“-Trilogie, der das Zitat entstammt, und entwickelt dabei eine neue Lesart für Loriots Geschlechterbilder. Die These, die allen bisherigen Analysen zuwiderläuft: dass die Darstellung von Geschlecht in seinem Werk die Dichotomie von Frau und Mann eben nicht unrefl ektiert bestätigt, sondern mit deren Wahrnehmung spielt. Das Ergebnis: dass sich auf diese Weise nichts Geringeres öffnet als ein Kontinuum, in dem die kulturelle Bedeutung von Männlichkeit und Weiblichkeit in jedem Sketch neu und anders verhandelt wird.
Der Autor Michel op den Platz studierte Literatur- und Kulturtheorie in Tübingen und arbeitet dort als Redakteur und Schriftsteller. 2011 führte ihn ein DAAD-Stipendium an die indische Pune University, wo er im Feminismus-Seminar beschloss, die akademische Sicht auf Loriots Werk ein wenig nachzujustieren.