Beschreibung
Wie kaum ein anderer Autor der Moderne hat sich Hermann Broch mit den Folgen der Säkularisierung des Weltbildes und des damit einhergehenden Glaubens- oder Religionsverlusts befasst. Im Ersten Weltkrieg und der folgenden revolutionär-anomischen Zeit sah er den Beweis dafür, dass der »Zerfall« aller sinngebenden Werte und ethischen Normen seinen katastrophalen Höhepunkt erreicht hatte und eine Erneuerung der religiösen Fundierung des menschlichen Daseins verlangte. In der Reflexion dieses religionslosen, aber offenbar religionsbedürftigen Zustands sah Broch die vordringliche Aufgabe seiner Dichtung. Diese wollte er allerdings nicht »religiös«, sondern »religiosistisch« genannt haben, weil sie keine bestimmte religiöse Botschaft enthielt, sondern mit durchaus wissenschaftlichem Anspruch die Notwendigkeit und Möglichkeit einer religiösen Neuorientierung zu erkunden suchte. Die Arbeit von Claudia Scheufele zeigt, mit welcher Beharrlichkeit, deskriptiven Schärfe, philosophischen Eindringlichkeit und dichterischen Gestaltungs- und Ausdruckskraft Broch diese »religiosistische« Analyse- und Konstruktionsabsicht in seinen großen Romanen – Die Schlafwandler (1931–32), Die Verzauberung (1935–36), Der Tod des Vergil (1937–45), Die Schuldlosen (1950) – und essayistischen Schriften verfolgte.
Die Autorin:
Claudia Scheufele studierte in Heidelberg Germanistik und Geschichte. Von 2007 bis 2014 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Assistentin an der Auswertung von Autorennachlässen aus den 1920er Jahren und an entsprechenden Editionen beteiligt. Derzeit ist sie als Gymnasiallehrerin tätig.