Beschreibung
Die Beziehung zwischen Theodor W. Adorno und Paul Celan steckt voller Widersprüche. Ihr Briefwechsel aus den sechziger Jahren ist spärlich, persönliche Begegnungen sind selten. Hinzu kommt: Celan fühlt sich von Adornos ersten skeptischen Sätzen über Gedichte nach Auschwitz angegriffen und äußert sich privat überaus kritisch zu Adornos Haltung zum Judentum. Andererseits liest Celan intensiv Adornos Schriften und wünscht sich einen Essay von ihm über sein Werk. Und Adorno? Der schreibt zwar nicht den versprochenen Essay, hält aber Celan für den bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker nach 1945. Der Grund für diese wechselseitige Wertschätzung liegt in der ausgeprägten Affinität ihrer Dichtung und Philosophie, die ein Großteil der Forschung bis heute unterschätzt. Ausgehend von der aporetischen Situation von Kunst nach Auschwitz wenden sie sich dem Absurden und Dunklen zu und entwerfen eine Ästhetik des Bilderverbots. »Kunstfeindschaft « und »Involution« heißen die Schlagworte ihrer geistigen Verwandtschaft, die jedoch eine wichtige Grenze hat. Während jüdische Erfahrungen Celans Lyrik tief prägen, subsumiert Adorno diese oft genug seiner – wenn auch negativen – dialektischen Logik.
“… Kleines Einwurf ist ein unbedingt lesenswerter Debattenbeitrag zu einem bereits viel besprochenen Verhältnis. … [Er] wirft einen gleichermaßen differenzierten wie kritischen Blick auf das Verhältnis zwischen Adorno und Celan, aber insbesondere auch auf die Forschungsliteratur zu der bereits viel besprochenen Konstellation. … Kleines Studie [ist] eine lesenswerte Forschungsleistung und zugleich ein Beitrag zu einer Debatte, die die Literatur- und Kulturwissenschaften seit der Nachkriegszeit beschäftigt.”
Wolfgang Johann auf www.literaturkritik.de, 26.10.2021 (November-Ausgabe)
“Kleine skizziert die Berührungspunkte zwischen dem Philosophen und dem Lyriker ebenso wie ihre unterschiedlichen Positionen. Er zeichnet das komplexe Bild einer Bekanntschaft, vielleicht auch Freundschaft, die unauflöslich verwoben ist mit beider heftigen Reaktion auf den Vernichtungsfuror der nationalsozialistischen Herrschaft. … Akribisch nimmt Marc Kleine die komplexe Beziehung zwischen dem Lyriker und dem Philosophen in den Blick. Dabei stützt er sich auf eine so kenntnisreiche wie genaue Lektüre Celanscher Gedichte und Texte.”
Karl Josef Müller auf www.hagalil.com, 10.12.2021
Der Autor
Dr. Marc Kleine, geb. 1975, studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Bremen, Frankfurt am Main und Berlin und promovierte mit einer Studie zu Adornos ästhetischer Theorie an der FU Berlin. Publikationen unter anderem zu Adorno, Celan und Benjamin. Er lebt als freier Autor und Gymnasiallehrer in Münster.