Beschreibung
Das von Balthasar Neumann in Zell erbaute Palais – ein für den Weinhändler Andreas Wiesen 1744 errichtetes Gesamtkunstwerk aus Anlegestelle, figurengeschmücktem Terrassengarten und schloßartigem Gebäude – war lange in Vergessenheit geraten. Es ist nicht nur Baudenkmal und wichtiger Vertreter des Bautypus eines repräsentativen Geschäftshauses, sondern zugleich ein Baustein eines architektur- und wirtschaftsgeschichtlichen Kontextes. Die günstige Verkehrslage des Ortes Zell am Fluss, an der Furt und an der Reichs- und Heeresstraße, in Nachbarschaft zu der Residenzstadt Würzburg, der Wasserreichtum und die ausgezeichneten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führten in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einer außergewöhnlichen kulturellen und wirtschaftlichen Blüte. Träger dieser Entwicklung waren wohlhabende Weinhändler, die zu einem dominanten Wirtschaftsfaktor geworden waren und die mit Ehen Handelswege und ihre kartellartigen Geschäftsverbindungen sicherten. Ziel war es, die marktbeherrschende Position im Frankfurter Weinhandel zu festigen oder gar auszubauen. Unterschiedliche Kultur und Sprache stellten keine Barrieren dar für weitläufige geschäftliche Netzwerke und verwandtschaftliche Verbindungen zwischen fränkischen Weinhändlerfamilien und den Handelshäusern aus Brabant, Flandern und vom Comer See.
Der Autor
Dr. Christian Naser studierte an der Universität Würzburg Germanistik und Latein. Seit 1987 arbeitet er am Würzburger Institut für deutsche Philologie. Zuletzt bei K&N: Migration und Vernetzung in Franken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Dargestellt anhand der Gemeinde Zell a. Main und der Residenzstadt Würzburg (2020).
PRESSESTIMMEN
Dem Autor kommt das Verdienst zu, unzählige Quellen erschlossen anhand einer von ihm selbst entwickelten Auswertungsmethoden in Bezug gesetzt zu haben. So gelingt es ihm, ein farbiges Bild der Zeller Weinhändler mit ihren vielfältigen familiären Verflechtungen zu zeichnen. Deren Einfluss und Reichtum reichte bis Frankfurt und weit ins heutige nördliche Baden-Württemberg hinein. Als Ziegellieferanten waren sie für den fürstbischöflichen Residenzbau in Würzburg unverzichtbar.
Nasers computergestützte Auswertungen von Rechnungsbüchern, Stücklisten und besonders auch von Tauf- und Trauregistern decken die engen Beziehungen zwischen Baumeistern, Künstlern und zu Geld gekommenen Händlern auf. (Dr. Alexander Wiesneth, Mitteilungen des Arbeitskreises Hausforschung, Nr. 101, März 2023, S.24).
hier die gesamte Buchbesprechung: http://www.arbeitskreisfuerhausforschung.de/files/AHF-Mitt_101-neu__2_.pdf