Beschreibung
Bolesław Leśmian war ein polnischer Lyriker jüdischer Abstammung,
der zu den originellsten und herausragendsten Dichtern des 20. Jahrhunderts
zählt. 1933 wurde Leśmian in die Polnische Akademie der
Literatur gewählt. Was Leśmians Poesie so einzigartig macht, ist seine
poetische Sprache (Neologismen, oxymorische Wortverbindungen
u.a.m.) und die daraus resultierende Poetik des Paradoxen, der
Traumlogik und der Märchenhaftigkeit.
Zu den Hauptthemen von Leśmians Dichtung gehören neben Eros,
Thanatos und Natur, das Sein und das Nichtsein. Mit dem Nichtsein
thematisiert Leśmian den literarischen Raum als eine ›Zwischenwelt‹,
wobei seine oxymorische Schreibweise, ähnlich wie Kafkas Vexierbild-
Erzähltechnik, die jüdische Tradition der Einung von Gegensätzen
spiegelt. Es ist eben die philosophische Dimension von Leśmians
Dichtung, die dafür sorgt, dass in Polen von Leśmian als Spätromantiker,
Symbolist, Impressionist, als Bergsonianer, Phänomenologe
und Existentialist die Rede ist. Die Vielfalt der unterschiedlichen
Deutungsmöglichkeiten mag einer der Gründe gewesen sein, warum
Karel Krejčí in seiner Geschichte der polnischen Literatur (1958, 408)
meinte: »Leśmians Werk erinnert in manchen Zügen an das gleichzeitige
Franz Kafkas.«
Bolesław Leśmian, eigentlich Bolesław Lesman (* 22. Januar 1877 in Warschau; † 5. November 1937 ebenda), war ein polnischer Lyriker, der wie Bruno Schulz zu den wichtigsten und originellsten Dichtern der Moderne gehört. Leśmian absolvierte ein Jurastudium in Kiew. Er war als künstlerischer Leiter im Teatr Polski in Lodz tätig, später führte er seine eigene Notarkanzlei im Osten Polens. 1933 wurde er in die Polnische Akademie der Literatur gewählt. Zu den philosophischen und ästhetischen Einflüssen aus Westeuropa, die in Leśmians Poetik die Hauptrolle spielen, gehören die Metaphysik des Schöpfertums von Henri Bergson und der Rhythmus, den der Dichter zum tragenden Element in seiner Poesie erklärte. Sein Stellenrang in Polen entspricht heutzutage dem von Kafka hierzulande.