Gehör für das Unsichtbare

Beschreibung

Wenn die ‚Stimme‘ Gottes genauso wenig unseren Sinnen zugänglich ist wie Gottes ‚Angesicht‘, wie können wir dann wahrnehmen, was Gott uns ‚sagen‘ will oder verstehen, was Gottes Wille ist? Vernehmen wir Gottes Stimme auch nicht direkt, kann sie dennoch ‚nachklingen‘ in Menschenstimmen, sich symbolisch und metaphorisch ‚vermitteln‘ in Worten und Bildern, und oft ‚resoniert‘ sie in Taten und Gesten, die Menschenleben für immer verwandeln. Für den Dichter Elazar Benyoëtz ist der Glaube ‚Hellhörigkeit‘, unser Gehör für das Unsichtbare, unser Sinn für den unsichtbaren Gott, der auch durch die Stimme der Stille zu uns ‚spricht‘ oder zumindest ‚in Rufweite‘ bleibt.

Dieser Inspiration folgend wird im vorliegenden Buch eine theologische Phänomenologie des Hörens und Erhört-Werdens entwickelt, deren ethische und epistemologische Implikationen und Konsequenzen erörtert werden. Im Gespräch mit Klassikern vor allem der jüdischen und christlichen Traditionen, mit den Gründervätern der Dialogphilosophie sowie französischen Phänomenologen der sogenannten ‚theologischen Wende‘ und anderen großen Denker*innen, die auch große Beter*innen waren, kommt das Gebet als Sprache des Herzens zwischen Unruhe und Gelassenheit, als Schlüssel zur Gotteserkenntnis und Praxis der Lebensorientierung zum Vorschein.

Claudia Welz (geb. 1974) ist Professorin für Ethik und Religionsphilosophie an der Universität Aarhus in Dänemark.